Bauarbeiten im Haus sind für die Bewohner alles andere als angenehm. Wir haben uns angesehen, was man dulden muss – und was nicht.
Das Stiegenhaus wird saniert, das Dachgeschoß ausgebaut oder die Nachbarwohnung wird umgebaut. Für die Bewohner sind Bauarbeiten wie diese alles andere als angenehm, bringen sie doch Unannehmlichkeiten wie Lärm, mehr Schmutz und ähnliches mit sich. Aber muss man wirklich alles dulden? Rechtsanwältin Valentina Philadelphy-Steiner klärt über Duldungspflichten und Rechte auf.
Über Rechte und Pflichten
Mieter haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Zu Letzteren gehört es, gewisse Maßnahmen des Vermieters zuzulassen. Dazu gehören Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten – und zwar sowohl am Haus als auch in der eigenen oder anderen Wohnung(en) im Gebäude. „Für diese Arbeiten muss, sofern notwendig, dem Vermieter beziehungsweise den durchführenden Unternehmen auch der Zugang in die eigene Wohnung gewährt werden“, sagt Rechtsanwältin Valentina Philadelphy-Steiner. Daraus ergibt sich, dass die damit verbundenen Belästigungen wie Schmutz oder Lärm grundsätzlich zu dulden sind. Übrigens: Auch wenn der Nachbar seine Wohnung renoviert, muss man das dulden. „Man kann also weder dem Eigentümer den Einbau eines Lifts noch dem Nachbarn die Sanierung des Badezimmers oder Fußbodens verbieten“, so die Anwältin.
Muss der Vermieter/Verwalter Bauarbeiten im Haus ankündigen, beispielsweise durch einen Aushang?
Baustellen sind entsprechend kundzumachen. Die erforderlichen Einreichunterlagen haben vor Ort auch aufzuliegen. Insofern gibt es natürlich bestimmte Ankündigungspflichten. In der Praxis hat man aber mitunter auch mit kleineren Arbeiten innerhalb der Wohnungen zu tun, die teilweise auch nicht offiziell mittels Bauanzeige angezeigt werden. Da ergeben sich dann schon ganz banale Probleme, sodass erst einmal herausgefunden werden muss, woher der Baulärm kommt.
Wie lang muss man die Bauarbeiten im Haus ertragen?
Die Beeinträchtigungen dürfen das normale Maß nicht überschreiten. Auftraggeber und jene, die die Arbeiten durchführen, haben dafür zu sorgen, dass die Arbeiten zügig erledigt werden und sich Dauer und Ausmaß der Störungen für die Nachbarn auf ein Minimum beschränkt.
Gibt es eine Mittagsruhe für Bauarbeiten im Haus?
Es gibt keine gesetzlich festgelegten Ruhezeiten um die Mittagszeit, dennoch ist in den Nachtstunden und an Sonn- und Feiertagen ein strengerer Maßstab anzusetzen, wenn es um störenden Lärm in ungebührlicher Weise geht. Es bedarf hier aber immer einer Einzelfallüberprüfung. Unter Umständen kann eine Lärmstörung eine Verwaltungsübertretung darstellen beziehungsweise hat man als Nachbar auch die Möglichkeit den Lärm zu untersagen, wenn er eben ein ortsübliches Maß überschreitet.
Durch die Arbeiten entsteht viel Schmutz – wer muss für die Reinigung sorgen?
Wer die Baustelle verursacht, ist verpflichtet, die Reinigung zu veranlassen. „Das ist aber gerade im Eigentumsbereich ein häufiger Streitpunkt, nämlich dann, wenn es nur ein Eigentümer ist: die zusätzlichen Reinigungskosten werden in der Praxis immer wieder über die Hausverwaltung in den Betriebskosten verrechnet, im Ergebnis zahlen dann alle anteilig mit“, weiß Philadelphy-Steiner.
Wie viel Lärm muss man ertragen?
Baulärm und somit auch Bauarbeiten, sind in Wien von Montag bis Sonntag, und auch an Feiertragen, zwischen sechs und 20 Uhr zulässig. „Es gibt aber auch Ausnahmegenehmigungen“, weiß Philadelphy-Steiner. Dazu gehören beispielsweise Arbeiten zur Beseitigung einer unmittelbaren Gefahr. Generell ist es immer eine Beurteilung im Einzelfall. Natürlich ist derartiger Lärm für Nachbarn belastend, in der Praxis allerdings auch teilweise einfach kaum vermeidbar.
Kann man sich gegen die Lärmbelästigung wehren?
Finden die Bauarbeiten innerhalb der vom Baulärmgesetz definierten Zeiten statt, muss man den durch die Bauarbeiten im Haus entstehenden Lärm dulden. Zumindest, solange sie dem ortsüblichen Maß entsprechen. Das Problem bei der Ortsüblichkeit ist allerdings, dass es dafür weder eine genaue Definition noch einen bestimmten Dezibel-Pegel gibt. Darüber hinaus wird das Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung nicht nach dem persönlichen Empfinden beurteilt, sondern danach, wie es ein Durchschnittsmensch empfindet. Hält sich der Nachbar beispielsweise nicht an die vorgeschriebenen Ruhezeiten, kann man unter Umständen auf Unterlassung klagen. „Ich würde aber auf alle Fälle dazu raten, in einem ersten Schritt den Nachbarn direkt zu kontaktieren und mit ihm zu reden. In einem zweiten Schritt kann man sich an den Vermieter oder Verwalter wenden“, rät Philadelphy-Steiner.
In der Regel muss man allerdings damit leben.
Sind Bauarbeiten im Haus ein Grund für eine Mietzinsminderung?
Ist der Mieter in der Nutzung der Wohnung längere Zeit hindurch massiv beeinträchtigt, sei es wegen Lärms, sei es, wenn der Lift wegen der Bauarbeiten für längere Zeit außer Betrieb ist, kann man unter Umständen eine Mietzinsminderung fordern. „Es ist allerdings ratsam, die Miete unter Vorbehalt weiter zu zahlen, bis man sich mit dem Vermieter über die Höhe der Minderung geeinigt hat“, so Philadelphy-Steiner.
Reduziert man nämlich ohne entsprechende Vereinbarung selbst die Miete, könnte der Vermieter eine Mietzins- und Räumungsklage einbringen oder man muss nachzahlen, wenn das Gericht entscheidet, dass man zu viel einbehalten hat. „Daher sollte man sich – insbesondere auch zur Höhe der Mietzinsminderung – jedenfalls rechtlich beraten lassen“, rät die Rechtsanwältin.
Die Aussichten darauf sind allerdings begrenzt: So gibt es Urteile, dass der Mietzins nicht gemindert werden kann, wenn in einem geschlossenen Siedlungsgebiet mit baulichen Maßnahmen (Schließung von Baulücken, Umbauten, Erweiterungen, Reparaturen an bestehenden Objekten) gerechnet werden muss, da diese Immissionen grundsätzlich als ortsüblich anzusehen sind.
Valentina Philadelphy-Steiner ist Rechtsanwältin und eingetragene Mediatorin. Sie ist Expertin für Familienrecht sowie Immobilienrecht und gründete im August 2020 die Kanzlei in der Wiener Innenstadt. Zuvor war sie in namhaften Wirtschaftskanzleien in Wien tätig.
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