Mit Home-Office wurde für viele die Wohnung auch zum Büro. Doch ist Wohnen und Arbeiten unter einem Dach eigentlich erlaubt? Was es in Punkto gewerbliche Nutzung zu beachten gilt, weiß Immobilienrechtsexpertin Valentina Philadelphy-Steiner.
Lange Jahre waren die Grenzen zwischen Wohnen und Arbeiten für die meisten streng getrennt. Mit der Pandemie und dem dadurch bedingten Boom von Home-Office sind die Grenzen jedoch verschwommen. Regelmäßig in den eigenen vier Wänden zu arbeiten, ist für viele zur geschätzten Gewohnheit geworden.
Dass in manchen Mietverträgen jedoch die Klausel zu finden ist, dass die Wohnung nur für Wohnzwecke vermietet wird, sorgt für Verunsicherung. „Home-Office und Mietrecht sind kein Widerspruch“, sagt dazu Immobilienrechtsanwältin Valentina Philadelphy-Steiner. Das bestätigt auch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH): Bürotätigkeiten wie das Korrigieren von Schularbeiten, das Erstellen von Gutachten und so weiter, die temporär und ohne Außenwirkung erledigt werden, dürfen demnach in der Wohnung ausgeübt werden.
Gewerbliche Nutzung der Wohnung
Will man die Wohnung hingegen gewerblich nutzen, also die Tätigkeit selbständig und regelmäßig ausüben und damit Gewinn erzielen, sollte man auf alle Fälle einen Blick in den Miet- beziehungsweise Wohnungseigentumsvertrag werfen, um sicherzustellen, dass die gewerbliche Nutzung erlaubt ist. Oder man fragt beim Vermieter beziehungsweise der Hausverwaltung nach. „Ist im Vertrag nichts definiert, gilt im Zweifel, dass bestimmte Tätigkeiten, die keinen Kunden- oder Parteienverkehr sowie keine Mitarbeiter erfordern, erlaubt sind“, sagt Philadelphy-Steiner.
Ein wesentlicher Faktor für die gewerbliche Nutzung von Wohnungen ist die Widmung. Sind Haus beziehungsweise Standort ausschließlich für Wohnzwecke gewidmet, ist eine gewerbliche Nutzung der Wohnung nicht möglich. Wird diese widerrechtlich gewerblich genützt, droht Mietern im schlimmsten Fall die Kündigung, Eigentümern eine Unterlassungsklage der anderen Eigentümer.
Wenn Kunden kommen
Ist die gewerbliche Nutzung erlaubt, müssen die anderen Mieter beziehungsweise Eigentümer Kunden- und Parteienverkehr dulden. Wer allerdings daheim als Musik- oder Gesangslehrer tätig ist, sollte Philadelphy-Steiner zufolge aber trotzdem daran denken, auf alle Fälle die Nacht- und Ruhezeiten einzuhalten.
Gewerbe- und Arbeitsrecht
Sind sowohl die Widmungs- als auch die Wohnrechtsfrage geklärt, sollte man sich aber auch noch über andere Rechtsbereiche informieren. „Möglicherweise gibt es für das Gewerbe, das in der Wohnung ausgeübt werden soll, gewisse Auflagen für die Betriebsstätte“, sagt Philadelphy-Steiner. Aber auch das Baurecht, das beispielsweise für Büros andere Raumhöhen und -breiten vorsieht als für Wohnungen, sowie Arbeitsrecht und Arbeitnehmerschutzbestimmungen könnten die Umsetzung des Plans vom Arbeiten und Wohnen unter einem Dach erschweren. Letzteres gilt dann, wenn Mitarbeiter beschäftigt werden. „In diesem Fall müssen Vorgaben beispielsweise zu Platzabständen, Tageslichtbelichtung oder Sichtachsen eingehalten werden“, weiß die Immobilienrechtsspezialistin.
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