Aus Klima- und Umweltsicht sind Einfamilienhäuser, so ökologisch sie auch sein mögen, kaum zu vertreten. Denn: Angesichts geringen Bewohnerzahl sind Boden-, Material- und Energieverbrauch eindeutig zu hoch.
Das Einfamilienhaus, konkret im Grünen gelegen, mit 100 bis 150 m2 Wohnfläche, zwei Schlafzimmern, ein bis zwei Bädern, eigenem Garten und einem Arbeitszimmer, ist nach wie vor die beliebteste Wohnform der Österreicher, wie eine aktuelle Umfrage von Raiffeisen Immobilien zeigt. In Zeiten von Klimawandel und Wohnungsknappheit wird diese Wohnform allerdings zunehmend kritisch gesehen: Zu hoch seien angesichts der relativ geringen Zahl an Bewohnern Flächen-, Baustoff- und Energieverbrauch, dazu würden die Eigenheime die Zersiedelung fördern und zusätzlichen Verkehr verursachen.
Mit dem Einfamilienhaus selbst ist es in der Regel nicht getan. Auch Leitungen, Straßen oder Kanäle müssen von den Kommunen gebaut und erhalten werden. Und noch ein Argument wird ins Treffen geführt: Die Haushalte werden immer kleiner, die Zahl der Singlehaushalte steigt beispielsweise seit Jahren kontinuierlich. In Deutschland haben die ersten Kommunen bereits reagiert: In Hamburg-Nord beispielsweise ist der Neubau von Einfamilienhäusern verboten, in Münster wurde dieser erheblich eingeschränkt.
Einfamilienhäuser dominieren
Laut Statistik Austria sind 64,5 Prozent der 2,4 Millionen Gebäude in Österreich Einfamilienhäuser, weitere 12,3 Prozent Zweifamilienhäuser. 11,5 Prozent der Bauten fallen in die Kategorie Mehrparteienhäuser. Übrigens: Bereits jetzt könnten die rund neun Millionen Österreicher in den bestehenden Ein- und Zweifamilienhäusern untergebracht werden – konkret würden dann je 4,8 Personen darin wohnen.
Potenzial des Bestands nutzen
Auch hierzulande sehen Experten wie Raimund Gutmann, Gründer von Wohnbund:Consult – Büro für nachhaltige Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Madlyn Miessgang vom Future Lab der TU Wien, oder Barbara Steinbrunner vom Institut für Raumplanung an der TU Wien selbst ökologische Einfamilienhäuser kritisch und sind schon wiederholt zu dem Schluss gekommen, dass diese „keine Zukunft“ hätten.
Die Alternative dazu liegt für sie alle in der Nutzung des Bestandes, nicht zuletzt auch, da so wertvolle Ressourcen vor der Vernichtung bewahrt werden. Gefragt sind dabei Konzepte, die einerseits dazu beitragen, wertvolle Fläche zu sparen, andererseits ein Wohngefühl wie im Einfamilienhaus entstehen lassen.
Verdichtetes Bauen
Als Vorbild dafür dienen häufig alte Zentren von Städten und Dörfern, in denen auf wenig Raum attraktive Wohnmöglichkeiten, beispielsweise mit Dachterrassen oder Innenhöfen, entstanden sind. Roland Rainer, österreichischer Stararchitekt, hatte darauf bereits in den 1960er Jahren mit seinem Konzept des verdichteten Flachbaus zurück gegriffen – die Gartenstadt in Puchenau bei Linz gilt als Musterbeispiel dafür. Rainer setzte dabei alle Kriterien, die für ihn ein umwelt- und menschengerechtes Wohnen ausmachten, um: Der Bogen spannte sich vom boden- und energiesparenden Städtebau über vorgefertigtes Bauen bis zur Autofreiheit.
Verdichtung ist aber auch noch anders möglich – indem bestehende Einfamilienhäuser für mehr Menschen nutzbar gemacht werden. Wie das gehen könnte, hat Architektin Julia Lindenthal im Rahmen des Forschungsprojektes „ReHabitat“ gezeigt. Anhand von vier typischen Gebäudetypologien (Siedlungshaus, Bungalow, Land- und Zweifamilienhaus) aus dem ostösterreichischen Raum wurde dabei beschrieben welche vielfältigen Möglichkeiten es gibt, diese Gebäude zu Mehrpersonenhäusern umzubauen und so einen Beitrag zur Förderung nachhaltiger Wohnformen und Siedlungsentwicklung zu leisten.
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