Brennende Augen, ein kratzender Hals, eine kippende Stimme sowie Müdigkeit und Abgeschlagenheit müssen nicht unbedingt auf eine Erkältung hinweisen. Treten diese Symptome immer nur in bestimmten Gebäuden auf, leiden Sie möglicherweise unter dem Sick Building Syndrom.
Was versteht man unter dem Sick Building Syndrom (SBS)?
Eine genaue Definition des Begriffs Sick Building Syndrom, der in den 1970er Jahren geprägt wurde, existiert bisher nicht. In der Regel spricht man dann von einem Sick Building Syndrom, wenn zwischen zehn und 15 Prozent der Nutzer einer Immobilie unter körperlichen Beschwerden leiden, die nach dem Verlassen des Gebäudes aber wieder abklingen. „Meist treten diese Beschwerden bei Nutzern von Bürogebäuden auf“, sagt Umweltmediziner Heinz Fuchsig.
Denn im Sitzen sei der Mensch empfindlicher als beispielsweise beim Gehen oder bei körperlicher Arbeit. Das gilt nicht nur für den Luftzug, sondern auch für die Augen. Denn beim Blick auf den Bildschirm verringert sich die Blinzelfrequenz deutlich – Blinzeln allerdings schützt die Augen vor dem Austrocknen.
Welche Symptome treten beim Sick Building Syndrom auf?
Zu den häufigsten Symptomen des Sick Building Syndroms gehören Reizungen der Schleimhäute in den Augen, der Nase und dem Rachen. „Das heißt, die Augen beginnen zu jucken oder zu brennen, der Hals kratzt, man muss sich immer wieder räuspern, hüstelt oder die Stimme kippt“, beschreibt Fuchsig. Aber auch Müdigkeit und Kopfschmerzen sowie allgemeines Unbehagen sind weit verbreitet.
Auf welche Ursachen ist das Sick Building Syndrom zurück zu führen?
Meist sind mehrere Gründe dafür verantwortlich, dass das Wohlbefinden in einem Gebäude leidet. Neben Gerüchen, Beleuchtung und Lärm gehören ganz besonders falsches Lüften sowie eine zu geringe Luftfeuchtigkeit dazu. Wichtig sei, so Fuchsig, beim Lüften für ausreichenden Luftaustausch zu sorgen. „Die Fenster im Winter den ganzen Tag zu kippen, ist die beste Methode, um ein Gebäude auszutrocknen“, sagt der Umweltmediziner. Durch den schmalen Spalt entweiche zwar die Feuchtigkeit aus dem Innenraum, allerdings würde zu wenig frische Luft in den Raum gelangen. Damit wird die Raumluft zu trocken, was sich, wie erwähnt, negativ auf die Schleimhäute und in Folge auf den gesamten Körper auswirkt. „Idealerweise sollte die Luftfeuchtigkeit in Innenräumen zwischen 40 und 60 Prozent liegen“, so Fuchsig.
Nur selten hingegen wird das Wohlbefinden mittlerweile durch Elektrosmog oder Luftschadstoffe beeinträchtigt. „Die gesetzlichen Vorgaben für Geräte und Materialien sind streng geworden“, sagt Fuchsig, der darauf hinweist, dass aber auch die Psyche bei der Entstehung des Sick Building Syndroms eine Rolle spielen könne. „Farben beispielsweise wirken stark auf Psyche und Wohlbefinden“, so der Mediziner.
Sind Allergien ein Symptom des Sick Building Syndroms?
Nein. Werden Beschwerden durch allergene, mikrobielle oder chemische Belastungen hervor gerufen, spricht man von Building Related Illness (BRI). Beschwerden von Allergikern können aber verstärkt werden.
Wie kann man gegensteuern?
Vielfach können die Ursachen für das Sick Building Syndrom relativ leicht behoben werden: Sei es durch eine individualisierte Beleuchtung oder Schallschutzmaßnahmen, sei es durch die Verbesserung des Raumklimas durch entsprechendes Lüften, die Optimierung der Klimaanlage und der Luftfeuchtigkeit. „Dazu kann man bereits präventiv mit der Auswahl von feuchtigkeitspuffernden Materialien wie natürlichen Baustoffen und Textilien beitragen“, sagt Fuchsig.
Aber auch das Ausschließen von Irritationen, etwa durch Sichtschutzmaßnahmen, erhöht das Wohlbefinden erheblich. „Nur vier Prozent des Auges sehen scharf. Der Rand dient der Bewegungswahrnehmung. Das heißt, das Auge registriert permanent jede Bewegung im Umfeld und leitet diese Information ans Gehirn weiter. Dieses checkt in Sekundenschnelle, ob Gefahr droht oder nicht“, erklärt Fuchsig. Gerade in den neuen Arbeitswelten mit Open Spaces und Verglasungen bis zum Boden sei das Gehirn permanent mit dieser Abklärung beschäftigt. „Damit ist es nicht verwunderlich, wenn man am Abend todmüde ist“, so Fuchsig.
Dr. Heinz Fuchsig ist Baubiologe und gerichtlich beeideter Sachverständiger für Arbeits- und Umweltmedizin. Zu seinen Interessensgebieten zählen darüber hinaus nachhaltiges Wohnen sowie Klimaschutz.
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