Sekt aus der Flöte, Rotwein zum Käse, Weißwein zum Fisch: Viele ungeschriebene Gesetze, die vor Ewigkeiten aus welchen Gründen auch immer erlassen wurden, gelten heute nicht mehr. Was aber ist aktuell der Trend? Was darf man in Sachen Wein und was nicht?
Antworten auf diese Fragen gibt mit Lenz Maria Moser einer, dem der Wein vor 68 Jahren sprichwörtlich in die Wiege gelegt wurde. Moser entstammt der berühmten Winzerfamilie aus Krems, repräsentiert die fünfte Generation und gilt als Besessener, wenn es um das Thema Wein geht. Seit inzwischen 19 Jahren ist er als Winemaker bei Changyu tätig, Chinas ältestem Weingut, dem viertgrößten der Welt, und produziert dort Cabernet Sauvignons von herausragender Qualität, die inzwischen auch bei Weinkennern in Europa großen Anklang finden. Dem nicht genug macht Moser Weine in Portugal, Ungarn und seiner österreichischen Heimat, die allesamt in einem jüngst eröffneten Shop im Fashion Outlet Parndorf vertrieben werden, der den Neugierde weckenden Namen „Wein mal anders“ trägt.
Herr Moser, nur Rotwein zum Käse, nur Weißwein zum Fisch – viele dieser vermeintlichen Regeln sind seit Längerem passé. Warum gab es die und warum gibt es sie heuer nicht mehr?
Früher gab es halt mehr Konventionen und man hat in der Welt der Kulinarik dieses und jenes einfach beschlossen, ohne es länger zu hinterfragen. Heute wiederum gibt es eine viel breitere Angebotspalette an Essen und Wein – da hat sich viel verändert. Darüber hinaus ist der Konsument heute selbstbewusster und entscheidet für sich, was ihm schmeckt und wozu. Ich gehe auch in ein Lokal und bestelle zuerst eine Flasche Wein und dann erst das Essen dazu – das kann schon auch mal ein Steak sein mit einem fetten Chardonnay, wenn ich Lust darauf hab.
Trinken wir Wein heute anders als vor 20 Jahren?
Ich würde sagen, wir trinken weniger, gezielter und nicht zuletzt bewusster. Wenn es zum Beispiel bei einem Fest keinen ordentlichen Wein gibt, trinke ich Wasser – da bin ich radikal. Und dann eben auch nicht jeden Tag, sondern nur jeden zweiten – das tut mir gut und ich freu‘ mich umso mehr auf ein gutes Glaserl.
Apropos Glaserl: Mehr und mehr ersetzt das Weinglas die Sektflöte respektive die Champagnerschale. Warum?
Champagner ist ja in erster Linie Wein, bei einer Sektschale – so toll sie auch aussehen mag – geht jedoch das ganze schöne Aroma flöten, während sich bei der Flöte nix entwickeln kann. Ergo ist ein schönes größeres Glas ideal, in dem die Entfaltungsmöglichkeit des Weines im Schampus garantiert ist.
Es hieß ja auch, Rotwein gehöre bei Zimmertemperatur genossen, und auch das sieht man längst ein wenig anders. Warum ist es oftmals besser, ihn temperiert zu servieren?
Die Rotweine sind heutzutage schwerer im Alkohol, dieser ist „flüchtig“ und verdunstet daher bei höheren Temperaturen schneller, und das schmeckt man dann. Soll heißen: Der Alkohol wird stärker wahrgenommen als die anderen Inhaltsstoffe und das ist nicht gut für die Harmonie des Weines.
Zum Thema Dekantieren: Wann lohnt es sich, wann nicht?
Im Zweifelsfall immer dekantieren – der Wein bekommt Luft und kann sich dann einfach besser präsentieren. Es ist ja nix anderes als eine schnelle Oxidation und die ist bei guten Weinen gewollt. Ich dekantier auch schon Chardonnays, unseren weißen Cabernet aus China und und, und… Und Rotweine ab 25 Euro das Stück sowieso.
Der berühmte Probeschluck im Restaurant – wie mache ich ihn richtig, ohne mich zu blamieren?
Den Wein zuerst anschauen, denn die Farbe ist wichtig. Bei einem schönen Grünen Veltliner etwa soll die Farbe nie zu goldig sein, das würde auf ungewollte Oxidation hindeuten. Allzu braune Ränder bei Rotwein sind auch ein Indikator, dass etwas nicht ganz stimmt. Dann unbedingt das Glas schwenken, denn das erhöht die Oberfläche und gibt mehrt Duft frei, und dann riechen. Schließlich kosten, also einfach einen kräftigen Schluck nehmen und schmecken, ob er eventuell korkt, wenn man das nicht ohnehin schon gerochen hat. Zurückschicken geht übrigens nur bei Korkgeschmack und nicht, wenn er einem nicht schmeckt.
Womit kann ich bei der Weinwahl nichts falsch machen – weder in der Gastronomie noch daheim?
Der Gast oder der Kunde hat immer recht, denn das zu trinken, was einem schmeckt, ist nie ein Fehler. Es gibt heute keine Konventionen mehr. Sie müssen dem Kellner oder dem Sommelier nichts beweisen, Sie bezahlen ja dafür. Es hilft aber, wenn man sich beraten lässt, wenn jemand da ist, der sich auskennt – das erhöht die Freude am Genuss.
Wie haben sich die Weintrends in den vergangenen Jahren verändert?
Momentan läuft die große Weißweinwelle, alle 20 Jahre wechselt das von Rot auf Weiß und umgekehrt – Schwankungsbreiten maximal 15 Prozent. Und auch Rosé ist längst wieder salonfähig geworden. Ansonsten: mehr Alkohol im Wein – das ist dem Klima geschuldet, mehr Auswahl – Stichwort Globalisierung, mehr Wissen um den Wein. Denn es ist einfach schick, sich mit Wein auszukennen.
Welche Weine sollte man immer zuhause haben? Oder anders gefragt: Mit welchen Weinen liegt man immer richtig?
Unmöglich zu beantworten, jedoch hat sicher jeder und jede ein paar Lieblingsweingüter. Und genau diese Weine würde er oder sie vermutlich immer zuhause haben wollen. Ich beispielsweise steh sehr auf Robert Weil aus dem Rheingau, FX Pichler und Hirtzberger aus der Wachau, Phelan Segur und Beychevelle aus Bordeaux, Opus One aus Napa Valley und viele mehr. Natürlich sind meine eigenen Weine auch immer zuhause, denn mit einen New Chapter Grüner Veltliner mach ich nix falsch. Auch China überrascht immer und ein Mad Moser Aszu 2013 haut sowie so alle um.
Sie machen – abgesehen von Österreich – auch in China, Australien und Ungarn Wein. Welches Ihrer Weinländer ist das spannendste und was lohnt es sich, zu probieren?
China ist der Hammer, wenn auch sehr schwierig wegen der Sprache und der Kultur. Allerdings hab ich bald 20 Jahre auf chinesischem Boden in meinen Beinen, sowas wie mich gibt es kein zweites Mal auf der Welt. 20 Jahre mit der Firma Changyu und damit 20 Jahre der letzten Endes gelungene Versuch, die Vision China salonfähig zu machen. Jetzt nämlich beginnt es, so richtig gut zu laufen. Und Österreich ist auch immer wieder spannend. Meine Familie hat den Grünen Veltliner in Österreich erfunden, der Großvater mit seiner Hochkultur, und mein Vater und ich waren die ersten, die GV auf die Etiketten geschrieben haben.
„Wein mal anders“: Fashion Outlet Parndorf, Gewerbestraße 4, 7111 Parndorf
Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 9:30 bis 19:00, Freitag von 9:30 bis 20 Uhr, Samstag von 9:00 bis 18 Uhr
Kontakt: weinmalanders@tantetrude.at oder 0043 677 62533560
Fotos: Changyu Pioneer bzw. Jürgen Hammerschmid
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