Klopfende Absätze von oben, lautstarke Gespräche der Nachbarn nebenan, der Mixer in der Küche über dem Schlafzimmer: Lärm in den eigenen vier Wänden kann zur echten Belastung werden. Wer glaubt, moderne Bauten seien automatisch schallgedämmt, irrt – und auch bei Altbauten gibt es große Unterschiede. Susanna Franner führt ein traditionsreiches Familienunternehmen in Wien, das sich seit Jahrzehnten auf Schallschutzlösungen spezialisiert hat. Im Interview erklärt die Expertin, worin der Unterschied zwischen Schallschutz und Schalldämmung besteht, wie man problematische Bausubstanz erkennt – und was wirklich hilft, wenn Ruhe einkehren soll.
Frau Franner, was versteht man eigentlich unter Schallisolierung – und worin liegt der Unterschied zur Schalldämmung?
Der Begriff „Schallisolierung“ wird oft als Überbegriff verwendet – eigentlich ist er ein bisschen ungenau. Wir unterscheiden zwischen Schalldämmung und Raumakustik. Wenn es um die Verbesserung der Raumakustik geht, also etwa Hall in einem großen Besprechungsraum, arbeitet man mit leichten Materialien wie Schaumstoffabsorber oder Akustiksegeln. Das hat nichts mit Dämmung zu tun. Schalldämmung hingegen meint den Schutz vor Lärm von außen – etwa durch eine Wand oder Decke. Und dafür braucht es immer eines: Masse und Gewicht.
Gibt es innerhalb der Schalldämmung weitere Unterscheidungen?
Ja, man unterscheidet zwischen Durchgangsschall bzw. Luftschall, Trittschall und Körperschall. Durchgangsschall bzw. Luftschall ist das, was man durch Wände hört – Gespräche, der Fernseher zum Beispiel. Trittschall kommt von oben, unten oder seitlich, wenn jemand über den Boden geht. Und Körperschall entsteht etwa dann, wenn eine Küche direkt an eine Schlafzimmerwand montiert ist und man beim Aufdrehen des Wasserhahns das Klackern bzw. das Rauschen in der Wand hört.
Welche Rolle spielt das Baujahr eines Hauses bei der Schalldämmung?
Eine große! In Altbauten – vor allem aus der Jahrhundertwende oder aus den 1960er Jahren – wurden oft schlechte oder improvisierte Materialien verwendet. Trennwände wurden zum Teil mit Ziegelresten, Luftkammern oder zufällig verfülltem Schutt gebaut. Da kann man teilweise jedes Wort vom Nachbarn verstehen, ohne die Stimme zu heben.
Und wenn ich eine Wohnung kaufen möchte – wie erkenne ich, ob sie gut gedämmt ist?
Kurz gesagt: gar nicht. Eine Besichtigung am Vormittag reicht da nicht aus. Ich empfehle, mehrmals zu unterschiedlichen Tageszeiten vorbeizuschauen, etwa auch am Abend oder am Wochenende. Während Corona haben viele plötzlich bemerkt, was für eine Geräuschkulisse sie eigentlich umgibt – vor allem im Homeoffice.
Ist es schwer, nachträglich Schallschutz einzubauen?
Kommt auf die Bausubstanz an. Bei Neubauten gibt es gesetzliche Mindesthöhen – 2,50 Meter Raumhöhe dürfen nicht unterschritten werden. Da wird es mit abgehängten Decken eng. In Altbauten ist oft mehr Spielraum. Wir analysieren die Konstruktion – ob Tramdecke, Ast-Molindecke oder Dippelbaumdecke – und planen dann gezielt. Das Ziel ist immer: die Decke darf nicht mit der bestehenden Bausubstanz verbunden werden, um den Schall nicht weiterzuleiten.
Was machen Sie konkret bei einem Trittschallproblem?
Zunächst wird geprüft, wie die bestehende Decke aufgebaut ist. Bei Hohlräumen – etwa in Tramdecken – blasen wir Cellulose ein. Danach folgt eine elastisch gelagerte, zweite Decke, die ebenfalls befüllt wird. So erreichen wir deutliche Verbesserungen: Eine Reduktion von 17–18 Dezibel im Tieftonbereich (unter 100 Hz) ist möglich. Zur Einordnung: 10 dB gelten als Halbierung des Lärms. Auf unserer Homepage kann man sich dazu auch Messkurven anschauen.
Gibt es häufige Fehler bei selbstgemachtem Schallschutz?
Oh ja. Viele bauen abgehängte Decken, lassen aber den Hohlraum dazwischen leer – das wirkt wie ein Resonanzkörper, ähnlich wie bei einer Gitarre. Das verstärkt den Lärm sogar. Auch wenn man in die alte Decke hineinschraubt, verbindet man die Konstruktion wieder – und holt sich den Trittschall zurück. Richtig gemacht wird das selten.
Welche Materialien verwenden Sie?
Wir arbeiten mit Cellulose und hochwertigen Steinwollplatten, je nach Anforderung. Mineralwolle wird zwar oft eingesetzt, weil sie billig ist – sie bringt aber wenig, weil sie eher für Wärmedämmung gedacht ist. Für den Schallschutz zählt: Je schwerer das Material, desto besser.
Und wie sieht es bei den Wänden aus?
Bei Durchgangsschall – also wenn man den Nachbarn reden hört – helfen Vorsatzschalen. Diese werden je nach Lärmproblematik im Verklebesystem bzw. freistehend vor die Wand gesetzt. Ist bei der Wand nicht nur der Luftschall, sondern auch der Körperschall das Problem, dann werden vorgesetzte freistehende Vorsatzschalen montiert. Das Verklebesystem wird nur bei Luftschallproblemen eingesetzt. Dieses System wird seit den 1980 Jahren von uns eingesetzt. Wir verwenden dafür spezielle Verbunddämmplatten mit zwei Lagen Gipskarton. Dieses System ist auch im Selbstbau möglich – inklusive Anleitung und Kleber, alles bei uns erhältlich.
Was kostet so eine Schallschutzmaßnahme?
Das hängt stark vom Fall ab. Im Selbstbau beginnt eine Wanddämmung bei rund 70 bis 100 Euro pro Quadratmeter. Wenn wir die Ausführung übernehmen, liegt man bei etwa 250 Euro pro Quadratmeter. Bei schlechter Bausubstanz braucht man oft weniger Material als bei stabilen Wänden – paradoxerweise. Wichtig ist, dass man die Situation genau analysiert.
Ist das Problem auch in Neubauten noch aktuell?
Leider ja. Gerade bei modernen kalibrierten Hochlochziegel die mit Kleber verbunden werden – gibt es oft Beschwerden. Die Systeme sind zwar gut für die Wärmedämmung, aber schlecht für den Schallschutz. In manchen Fällen haben wir festgestellt, dass unser Verklebesystem sogar kontraproduktiv wirken – dann setzen wir statt Verklebung auf eine freistehende Wand.
“Franner Lärmschutz”-Geschäftsführerin Susanna Franner und ihr Team beschäftigt sich seit 1989 mit dem Thema Schallisolierung. Das Wiener Familienunternehmen wurde 1964 gegründet und gilt als Spezialist für Lärmschutz-Maßnahmen.
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