Mit der Pleite des Bauträgers während der Bauphase geht für Immobilienkäufer ihr wohl schlimmster Albtraum in Erfüllung. Wie man sich davor bestmöglich schützen kann und was in diesem Fall zu tun ist, weiß Herbert Gartner von Gartner Vitek Humpel Rechtsanwälte.
Der Traum von den eigenen vier Wänden scheint Realität zu werden: Der Kaufvertrag ist unterzeichnet, die Traumimmobilie in Bau. Doch dann kommt das böse Erwachen: Der Bauträger muss Insolvenz anmelden.
Was versteht man unter Insolvenz?
Insolvenz, landläufig auch als Konkurs oder Pleite bekannt, bezeichnet die Situation der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eines Unternehmens oder einer natürlichen Person. Das bedeutet, dass fällige Zahlungen nicht mehr geleistet werden können. In der Folge kann auf Antrag des zahlungsunfähigen Schuldners oder eines betroffenen Gläubigers vom zuständigen Insolvenzgericht nach Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Ist das vorhandene Vermögen des Schuldners so gering, dass nicht einmal die anfallenden Verfahrenskosten gedeckt sind, wird der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vom Gericht mangels Vermögens abgewiesen.
Welche Folgen hat die Insolvenz für Immobilienkäufer?
Ist das Projekt bereits fertig gestellt und Wohnungseigentum begründet, kann der Konkurs des Bauträgers für die Käufer unter Umständen in Zusammenhang mit der Gewährleistung – diese gilt drei Jahre ab Übergabe – ein Problem werden. In der Regel sollten jedoch mit dem Haftrücklass, für den zumindest zwei Prozent des Bauvolumens bis zum Ende der Gewährleistung einbehalten werden, ausreichend finanzielle Mittel zur Behebung von Baumängeln bereit stehen.
Wie sieht es aus, wenn sich das Projekt noch in der Bauphase befindet?
In diesem Fall gibt es zwei drängende Fragen: Die eine ist, was mit den bereits getätigten Zahlungen passiert, die andere, wie es mit den zukünftigen eigenen vier Wänden weiter geht. „Grundsätzlich sind Käufer durch das Bauträgervertragsgesetz (BTVG) vor dem Verlust ihrer Zahlungen geschützt“, sagt Herbert Gartner von Gartner Vitek Humpel Rechtsanwälte (https://myhome.at/bautraegervertragsgesetz-sicherheitsnetz-fuer-wohnungskaeufer/). Diesem zufolge müssen Bauträger geleistete Zahlungen absichern, sei es durch eine Bankgarantie (schuldrechtliche Sicherung) sei es, wie meist üblich, durch eine grundbücherliche Sicherstellung in Verbindung mit der Bestellung eines Treuhänders (Notar oder Rechtsanwalt) und einer Zahlung nach Ratenplan.
Darüber hinaus sieht das BTVG mit der pfandrechtlichen noch eine dritte Sicherungsvariante vor, die in der Praxis jedoch keine Rolle spielt. „Bei einer Bankgarantie verliert der Käufer zwar die Wohnung, erhält aber den Großteil seines Geldes zurück“, sagt Gartner.
Wer dieses Risiko ausschließen will, der sollte auf die grundbücherliche Sicherstellung setzen. „Bei diesem Sicherungsmodell überweist der Treuhänder dem Bauträger oder dessen finanzierender Bank immer nur jenen Betrag, der dem Baufortschritt entspricht“, erklärt der Immobilien- und Baurechtsexperte.
Der Wert der Bausubstanz, der dem Anteil des Erwerbers entspricht, stellt somit den Gegenwert für die Zahlungen dar. Die restliche Kaufsumme verbleibt hingegen sicher auf dem Treuhandkonto. Damit wird auch sichergestellt, dass im Insolvenzfall genügend Geld vorhanden ist, um den Bau mit einem anderen Unternehmen fertigzustellen. Dieses Sicherungsmodell hat noch einen weiteren Vorteil: Der Käufer erwirbt damit Miteigentumsanteile an der Liegenschaft mit der Zusage, dass später Wohnungseigentum eingeräumt wird.
Geht die Immobilie in die Insolvenzmasse ein?
Wurde der Kauf mit einer Bankgarantie gesichert, geht die Immobilie in der Regel in die Insolvenzmasse ein. Bei der grundbücherlichen Sicherstellung ist dies hingegen grundsätzlich nicht der Fall, da sowohl Immobilien als auch Treuhandgeld ausgesondertes Vermögen sind, auf das Gläubiger keinen Anspruch haben.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem jedoch die Zusage der späteren Wohnungseigentumsbegründung: „Sie hat rangwahrende Wirkung“, erklärt Gartner. Fehlt sie, kann der Käufer unter Umständen seine Ansprüche verlieren, die Anzahlungen und die Immobilie gehen in die Insolvenzmasse ein. „In diesem Fall hat der Käufer jedoch einen Haftungsanspruch gegenüber dem Treuhänder. Dieser hätte auf die Zusage achten müssen“, so Gartner.
Was ist, wenn der Käufer im Insolvenzfall vom Kauf zurücktritt?
Von diesem Schritt ist ohne genaue professionelle Prüfung abzuraten. „In diesem Fall hat der Käufer keinen Haftungsanspruch gegenüber dem Treuhänder“, so Gartner. Entscheidet er sich dennoch dazu, muss er seine Forderungen jedenfalls schriftlich und fristgerecht beim zuständigen Insolvenzgericht einreichen.
Wie sieht es mit der Fertigstellung des Projektes aus?
Die Fertigstellung des Projektes ist nicht durch das BTVG geregelt, es gibt auch abseits davon in der Insolvenz kein Recht darauf. In den meisten Fällen treten Masseverwalter vom Vertrag zurück, die Käufer müssen sich selbst beziehungsweise möglicherweise gemeinsam mit den anderen Käufern und der finanzierenden Bank darum kümmern, dass weiter gebaut wird. Diese Bauverzögerung sowie die Neuausschreibung zur Finalisierung können unter Umständen zu Mehrkosten („Reibungsverluste“) führen.
Wichtige Tipps:
Damit der Traum vom Kauf einer unfertigen Immobilie nicht zum Alptraum wird, hat Gartner noch zwei Tipps für Käufer parat:
Tipp 1: Informieren
Käufer sollten sich nicht nur über den Bauträger und dessen Bonität informieren. Auch über den Baufortschrittsprüfer – seine Entscheidung ist Grundlage für die Überweisung der jeweiligen Tranche an Zahlungen -, sowie den Vertragserrichter/Treuhänder sollten sie Erkundigungen einholen.
Tipp 2: Überprüfen
„Darüber hinaus sollte man auch von einem ausgewiesenen BTVG-Experten überprüfen lassen, ob der Kaufvertrag tatsächlich den Bestimmungen des BTVG entspricht“, rät Baurechtsexperte Gartner.
Herbert Gartner ist seit November 1983 als selbständiger Rechtsanwalt tätig und berät schwerpunktmäßig in allen Bereichen des Immobilien- und Baurechts, aber auch in ausgewählten Bereichen des Wirtschaftsrechts. Weiters ist er Mitglied in verschiedenen Expertenkomitees, die sich mit der Verbesserung der Rechtsvorschriften im Bauträgervertragsrecht, im Bereich der Immobiliensteuern, im Wohnungseigentumsrecht und verwandten Themen beschäftigen.
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