In einer Welt, in der nahezu jeder Teller fotografiert und ins Netz gestellt wird, hat das Anrichten von Speisen eine neue Bedeutung gewonnen. Essen ist nicht mehr nur Genuss, sondern längst auch eine formvollendete Inszenierung – ein kleines Kunstwerk sozusagen, das in den sozialen Medien bestehen soll. Doch was bedeutet das für Hobbyköche daheim? Wie viel Aufwand ist wirklich nötig, um einen Teller ansprechend zu gestalten, und wie lassen sich die Trends der Spitzengastronomie in die eigene Küche holen?
Ingo Eisenhut, Food-Fotograf in Wien und unter anderem seit Anbeginn für die Kulinarik-Strecken des Servus Magazins verantwortlich, kennt die Antwort. In seinem Atelier im 7. Wiener Gemeindebezirk stapeln sich unzählige Teller, Gläser und Schalen in allen Formen und Farben. Für ihn sind sie mehr als nur Requisiten – sie erzählen Geschichten. Als Profi und Perfektionist weiß er genau, wie man aus einfachen Zutaten ein optisches Highlight zaubert.
Konkret gefragt: Was machen wir Hobbyköche beim Anrichten oft falsch?
„Falsch“ ist ein Begriff, den ich nicht so gerne verwende. Aber oft wird das Anrichten zu bemüht und unlocker – und das merkt man. Der Trend wechselt regelmäßig: Vor ein paar Jahren war ein natürlicher, unprätentiöser Look in Mode. Heute sehen wir in der Spitzengastronomie oft kleine „Opern“ auf dem Teller – kunstvoll arrangierte Kompositionen mit Punkten, Blättchen und Schäumchen, die minutenlang mit Pinzetten und Pipetten inszeniert werden. Zu Hause darf es gerne etwas entspannter sein. Meine Regel ist: Es gibt keine Regeln.
Die Werbung schlägt uns ja unendlich viele Tools vor, die uns im Handumdrehen zu Haubenköchen machen sollen. Welche Grundausstattung sollte man für das Anrichten aber wirklich zu Hause haben?
Die besten Tools sind die eigenen Finger! Ergänzt durch die Basics: Löffel, Gabel, Messer, Tassen, kleine Schüsseln und vielleicht eine Schere. Flache Teller sind hilfreich, da Saucen darauf besser zur Geltung kommen. Aber auch in tiefen Schüsseln lässt sich modern anrichten. Ob für Fotos oder das echte Leben – wer sich kreativ austoben möchte, kann auch Pinzetten und Pipetten ausprobieren. Auch mit einem iSi-Gerät kann man wunderbare Espumas machen.
Tipp: Hier findest du den empfohlenen iSi-Spender direkt auf Amazon – ideal für Espumas:
Wie wichtig ist der Teller selbst?
Der Teller ist die Leinwand für das Gericht. Ein Kontrast zwischen Speise und Tellerfarbe ist oft vorteilhaft, um die Speisen klarer hervorzuheben. Ich mag Teller, die die Geschichte des Gerichts miterzählen – etwa farbige Teller für mexikanische Gerichte. Für eine klare Suppe empfehle ich helle, einfarbige Teller, die Transparenz und Farbe betonen. Eine Faustregel: Je ruhiger die Speise, desto lebendiger darf der Teller sein – und umgekehrt.
Welche Rolle spielen Garnituren und Saucen?
Sie sind entscheidend für die Optik! Frische Kräuter machen jedes Gericht lebendiger und frischer. Saucen können auf vielfältige Weise inszeniert werden: mit einem Löffel dynamisch über den Teller gezogen, in Klecksen verteilt oder sogar in einer kleinen Tasse serviert. Besonders schön ist es, mehrere Saucen miteinander zu kombinieren – etwa Kernöl, Preiselbeermarmelade oder eine weitere Farbe für spannende Akzente.
Wie kann man unspektakuläre Gerichte wie Risotto oder Spaghetti ansprechend anrichten?
Beim Risotto hilft es, dem Gericht Raum auf dem Teller zu geben. Kräuter, geriebener Parmesan oder bunte Akzente wie rote Pfefferbeeren oder Spinatblätter machen den Unterschied. Spaghetti lassen sich mit einer Anrichtegabel kunstvoll aufrollen und hochkant servieren – das sieht aufgeräumt und elegant aus. Für Penne oder Fusilli gilt: Kleine Akzente rundherum setzen, zum Beispiel Kräuter oder Öle.
Und wie sieht es bei Klassikern wie Hirschbraten mit Rotkraut und Püree aus?
Hier würde ich klassisch anrichten: Eine schöne Scheibe Braten, das Püree mit einem Löffel als kleine Locke geformt und das Rotkraut daneben. Preiselbeeren und Sauce runden das Bild ab. Wer kreativ sein möchte, kann die Beilagen auch separat in kleinen Schüsseln servieren.
Was geht beim Anrichten gar nicht?
Es gibt kein „gar nicht“. Das Anrichten ist ein Ausdruck deiner Individualität. Wichtig ist, dass es dir und deinen Gästen gefällt. Ich finde es zum Beispiel schön, einen Braten einfach auf einem Holzbrett zu servieren – und die Beilagen in Schüsseln daneben. Oder, was mir auch gefallen hat: Mir wurde einmal Suppe aus einer schönen Emaille-Gießkanne serviert. Das hat Pepp.
Ihre Top-3-Tipps, um langweilige Gerichte optisch aufzuwerten?
Jedenfalls frische Kräuter – sie sind immer ein Hingucker. Dazu farbige Öle, Gewürze oder Früchte, sie sorgen für lebendige Akzente. Nicht zu vergessen eine liebevolle Tischdeko und interessante Teller – sie machen das Gesamtbild perfekt.
Welche modernen Food-Trends inspirieren Sie?
Ich finde es spannend, dass immer mehr natürliche Elemente zurückkommen – von essbaren Blüten bis hin zu rustikalen Arrangements. Auch der Minimalismus, bei dem wenige, aber perfekt platzierte Komponenten in den Fokus rücken, ist faszinierend. Solche Trends lassen sich oft einfach zu Hause umsetzen.
Ingo Eisenhut, geboren in Wien, aufgewachsen in der Bergen Badgasteines und Saalfeldens, besuchte das Grafische Fotokolleg, das er mit der Meisterprüfung abschloss. Seit 1991 ist er selbständig, betreibt das Atelier Eisenhut in Wien und ist spezialisiert auf Speisefotografie/ Speisestyling/ Requisiten. Seit 2020 ist Eisenhut auch als Kunstmaler tätig, zudem ist er Leiter des Fotokurses auf der Soak in Zakynthos.
Alle Fotos: Atelier Eisenhut bzw. Eisenhut & Mayer für Gusto bzw. Brandstätter Verlag
*Die mit Sternchen („*“) gekennzeichneten Links, sind Affiliate-Links. Wenn Sie über diese ein Produkt kaufen, dann erhalten wir eine Provision. Der Preis verändert sich hierdurch für Sie natürlich nicht.
Ähnliche Beiträge:
So bringen Sie Ihr Kupfergeschirr wieder zum Glänzen