Die Zahlen sprechen für sich: 2023 waren im Bereich der Lehrausbildungen etwa 13.700 Lehrlinge in den Bereichen Bau, Architektur und Gebäudetechnik tätig. Das bestätigt, dass einmal mehr, dass das Bauwesen zu den wichtigsten Wirtschaftssektoren des Landes zählt. Und da ist eine fundierte Ausbildung im Bauwesen unumgänglich – auch wenn es früher anders war. Noch vor 40, 50 Jahren stand die praktische Erfahrung auf Baustellen im Vordergrund, das Wissen wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Heute kombinieren moderne Ausbildungswege Theorie und Praxis, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.
Und genau darauf kommt es an – immerhin ist eine gute Ausbildung gleichsam Basis für technisches und kaufmännisches Know-how, zudem stärkt sie die Führungskompetenzen und Problemlösungsfähigkeiten.
Im Interview erklärt Edwin Brunner, Geschäftsführer der BauManagement Brunner GmbH, welche Wege in die Bauaufsicht führen, welche Qualifikationen wichtig sind und wie sich das Berufsfeld in Zukunft entwickeln wird.
Welche Ausbildungswege führen typischerweise in die Bauaufsicht – und wie lange dauert die Ausbildung?
Typische Ausbildungswege zur Bauleitung oder örtlichen Bauaufsicht führen über bautechnische Berufe wie Baumeister oder aber ein Studium im Bauwesen. Die Ausbildung zum Baumeister beginnt oft mit einer Lehre, beispielsweise als Bauzeichner oder Maurer, die in der Regel drei Jahre dauert. Alternativ kann der Einstieg über eine fünfjährige HTL-Ausbildung im Hoch- und Tiefbau erfolgen.
Nach einer entsprechenden Berufspraxis dauert die zusätzliche Baumeisterausbildung weitere vier bis zwölf Monate. Sie endet mit einer umfassenden Prüfung, die von einer Kommission in fünf Modulen abgenommen wird.
Ein Bachelorstudium im Bauwesen dauert in der Regel drei bis vier Jahre, viele Absolventen entscheiden sich anschließend für einen Master, der weitere eineinhalb bis zwei Jahre in Anspruch nimmt. Praxisnahe Erfahrung auf Baustellen ist unabhängig vom Bildungsweg unerlässlich und wird oft durch Praktika oder Einstiegspositionen als Bauleiter-Assistent gesammelt.
Sprich: Man hat ja einige Optionen. Welchen Weg würden Sie besonders empfehlen?
Die Auswahl des Ausbildungswegs ist sehr individuell. Der Weg über die Lehre zum Baumeister hat den Vorteil, dass er praxisnah, meist berufsbegleitend, aber auch zeitintensiver ist. Ein Studium hingegen legt den Fokus stark auf theoretisches Wissen, jedoch bleibt dabei die Praxiserfahrung oft auf der Strecke.
Welche Qualifikationen, die für diesen Beruf unerlässlich sind, sollte – für welche Ausbildung man sich auch entscheidet – man mitbringen?
Wesentlich sind technisches und kaufmännisches Verständnis, Kenntnisse im Baurecht und Kommunikationsfähigkeit. Führungsqualitäten, Stressresistenz und Problemlösungsfähigkeiten spielen ebenfalls eine große Rolle.
Welche sind die wichtigsten Punkte, die im Rahmen der Ausbildung vermittelt werden?
Zu den zentralen Themen der Ausbildung gehören Statik, Baukonstruktion, Bauverfahrenstechnik, Bauökonomie, Baurecht und Vorschriften. Dazu kommt das Projektmanagement.
Gibt es Unterschiede in den Anforderungen an die Bauaufsicht zwischen großen und kleinen Bauprojekten? Wie bereitet einen die Ausbildung darauf vor?
Grundsätzlich ähneln sich die Prozesse eines Bauprojekts in den verschiedenen Phasen. Der Unterschied liegt in der Größenordnung. Die Ausbildung bereitet insbesondere durch das erforderliche Projektmanagement optimal darauf vor.
Wie wichtig sind praktische Erfahrungen – etwa durch Baustellenpraktika – für die Qualifikation als Bauaufsicht?
Praktika und praktische Erfahrungen sind unverzichtbar. Sie helfen, die gelernte Theorie anzuwenden und ein besseres Gespür für Problemlösungen direkt auf der Baustelle zu entwickeln.
Gibt es spezielle Weiterbildungen oder Zertifikate, die auch nach der abgeschlossenen Ausbildung besonders wertvoll sind?
Zusätzliche Zertifikate in Bauleitung oder Management können von großem Vorteil sein. Fortbildungen zu Themen wie nachhaltiges Bauen oder BIM (Building Information Modeling) sind ebenfalls sehr empfehlenswert.
Stichwort Technik und Software: Wie werden diese Themen heute in der Ausbildung integriert?
Digitale Bauplanungstools und Software für Projektmanagement sowie Baustellendokumentation sind fest in die moderne Ausbildung integriert. Studierende und Lehrlinge lernen, diese Anwendungen gezielt einzusetzen, um effizient zu arbeiten.
Wie sehen Sie die Zukunft der Bauaufsicht in Bezug auf Digitalisierung und nachhaltiges Bauen? Müssen Ausbildungskonzepte hier angepasst werden?
Digitalisierung und nachhaltige Bauansätze gewinnen immer mehr an Bedeutung. Ausbildungsinhalte müssen kontinuierlich an technologische Fortschritte angepasst werden, um zukünftige Fachkräfte auf neue Herausforderungen und Arbeitsweisen vorzubereiten.
Was würden Sie Berufseinsteigern oder Umsteigern empfehlen, die eine Karriere in der Bauaufsicht anstreben? Gibt es bestimmte Tipps für den Einstieg?
Netzwerken und Praktika während der Ausbildung sind von unschätzbarem Wert. Berufsbegleitende Weiterbildungen und ein offenes Ohr für neue Technologien und Nachhaltigkeitsthemen sind ebenso wichtig. Außerdem empfehle ich, sich stetig über Entwicklungen in der Branche zu informieren und offen für zusätzliche Qualifikationen zu sein.
Haben Sie einen letzten Rat?
Bleiben Sie stets neugierig und beobachten Sie auch den Mitbewerb und die Entwicklungen im Ausland. Das hilft, die eigene Leistung realistisch einzuschätzen. Persönliche und technische Zusatzausbildungen können Vertrauen bei Kooperationspartnern schaffen – und darüber hinaus auch Ihre Position am Markt stärken.
Fotocredits: Schwarzenegger OG
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