Interview: Wann ist Luxus wirklich Luxus, Kristina Giacomelli?
Als Kristina Giacomelli „Sangreal“ gründete, war sie gerade einmal 24. Heute, siebeneinhalb Jahre später, zählt ihr Immobilien-Unternehmen zu den Top-Playern im Luxusbereich. Das Team der Wienerin besteht ausschließlich aus Frauen, ein Zufall, der so zufällig gar nicht ist. „Frauen“, sagt die Mutter einer zweieinhalbjährigen Tochter, „nehmen meiner Meinung nach Schwingungen und Atmosphären besser wahr. Und ich schätze an ihnen, dass sie die Extra-Meile gehen und oftmals an Dinge anders herangehen als Männer.“ Ein Gespräch über Frauenpower, Mut zu mehr und die Antwort auf die Frage, was es für echte Luxusimmobilien wirklich braucht.
Frau Giacomelli, beginnen wir am Anfang. Woher rührt Ihre Leidenschaft von Immobilien?
Ich werde oft gefragt, ob ich ein bestehendes Unternehmen übernommen habe, weil Sangreal schon so etabliert wirkt, aber das war absolut nicht der Fall. In meiner Familie hatte keiner etwas mit Immobilien zu tun. Es ist einfach passiert.
Und zwar wie?
Ich habe an der Fachhochschule in Wiener Neustadt Wirtschaft studiert und mich auf Finanzwirtschaft spezialisiert. Irgendwann einmal als Frau die Börse aufzumischen, das war eigentlich der Gedanke. Zusätzlich habe ich dann aber Immobilien dazu genommen und schnell gemerkt, dass das eigentlich viel spannender geklungen hat als Finanzen. Und ich wusste ja, dass ich im Verkauf gut bin, das habe ich in meiner Schulzeit nebenher immer gemacht, bei Peek & Cloppenburg. Ich habe auch in der Gästebetreuung gearbeitet, in der Gastronomie. Die Nähe zu Menschen hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Bei meinem Pflichtpraktikum bei einem großen Immobiliendienstleister in Wien habe ich auch recht schnell erkannt, dass ich als Teilzeitmitarbeiterin in der Akquise erfolgreicher war als so mancher Kollege in der Vollzeit. Ich wollte mich dort auch intern weiterentwickeln, nur hat ewig keiner reagiert. Also habe ich mich gleich selbständig gemacht.
Ein mutiger Schritt.
Mein Lebensgefährte war damals schon als Projektentwickler tätig, sein Unternehmen noch viel kleiner, aber er hat bereits mit Maklern zusammengearbeitet. Und mir sind bei den Inseraten schwere Vermarktungsfehler aufgefallen. Er hatte beispielsweise ein Bauprojekt in der Kaiserstraße im 7. Wiener Gemeindebezirk – und das war mit einem Foto der Lugner City bebildert. Ich habe ihm gesagt, das kann ich besser, er hat mir die Chance gegeben und gleich die erste Besichtigung war ein Verkauf. Heute arbeitet seine Firma, die LNR, in der Vermarktung ausschließlich mit uns zusammen.
War das Ihr schnellster Verkauf?
Nein, ich hatte einmal ein Projekt im 12. Bezirk und habe einen Anruf bekommen, dass ein Kunde mit seinem Dolmetscher interessiert wäre und mich gleich auf einen Kaffee im Park Hyatt Hotel treffen will. Weil ich neugierig bin, bin ich natürlich hin. Ich habe das Projekt präsentiert, 24 Stunden später kam der nächste Anruf, dass der Kunde acht Wohnungen kaufen will – ohne je die Baustelle gesehen zu haben.
Haben Sie ein Erfolgsrezept?
Prinzipiell ist es uns wichtig, sehr früh in Projekte einzusteigen. Wir bekommen die Einreichpläne der Architekten, zeichnen gegebenenfalls Grundrisse um, weil wir durch den direkten Kundenkontakt wissen, wonach der Kunde sucht. Und der sollte so früh als möglich mitentscheiden können. Natürlich gibt es auch Kunden, die nichts kaufen, was noch in Bau ist, aber die meisten haben kein Problem, vom Plan wegzukaufen. Mir und meinem Team ist es auch wichtig, jeden Kunden – egal wie groß das Budget ist – perfekt zu betreuen und beim Ankaufsprozess verlässlich zur Seite zu stehen.
Und wann ist ein Plan ein guter Plan?
Das kommt drauf an, in welchem Segment wir uns befinden. Gerade im Luxus gibt es einige Dinge, auf die geachtet werden muss. Jedoch gilt für jedes Segment: Abstellraum!
Zum Beispiel? Wann spricht man von Luxus?
Große Bäder und separate WC’s sowie eine Abstellkammer sind schon bei gehobener Mittelklasse Standard. Im Luxusbereich kommt noch ein großzügiger Wirtschaftsraum dazu, weil Leute, die sich das leisten können, natürlich auch Hauspersonal haben – und die sollten nicht im Wohnzimmer bügeln. Auch eine Back Kitchen, also eine Schmutzküche als Ergänzung zur Show-Küche sollte es geben. Und eine entsprechende Raumhöhe. Hier kommt eine loftartige Gestaltung sehr gut an, sodass zumindest ein Teil der Wohnung eine Raumhöhe von fünf Metern hat. Alles bis 2,80 Meter ist nicht Luxus.
Ein Concierge-Service und Co gehören da aber wohl auch dazu.
Ja, das wird immer wichtiger. Gerade im Luxussegment muss man etwas anbieten, womit man sich abhebt. Wenn ich zum Beispiel eines unserer Projekte, das „Telegraph Yards“ im 7. Bezirk hernehme – hier sind die Käufer zum Teil auch Menschen, die eine Wohnung in New York oder London haben. Sie kennen diesen Service und wollen ihn natürlich auch in Wien. Da müssen wir international mithalten können. Sollte das räumlich nicht möglich sein, bieten wir einen mobilen Concierge-Service an – der ist zwar physisch nicht im Haus, aber rund um die Uhr erreichbar, um Dinge zu erledigen. Diesen Service gibt es je nach Projektentwickler im absoluten Luxus für zwei Jahre zur Wohnung dazu, dann kann der Eigentümer entscheiden, ob er verlängert oder nicht. Aber ich sehe auch bei Bauprojekten, die nicht unmittelbar im Luxus angesiedelt sind, die sich aber Personen mit gutem Gehalt leisten können, dass Services immer wichtiger werden.
Nennen Sie uns ein paar Beispiele.
Wir haben ein Projekt am Rennweg mit hundert Wohnungen. Da war unsere Idee, einen Co-Working Space und andere Annehmlichkeiten wie ein Gym oder eine Hundewaschstation im Erdgeschoß zu integrieren. Wenn ich auf zwei Wohnungen verzichte, die ebenerdig ohnehin schwer zu verkaufen sind, werte ich dadurch den Bau für die restlichen 98 Eigentümer enorm auf. Das kommt auch sehr gut an. Ich glaube, dass dieses Konzept im Krisenjahr 2023 auch viele Verkäufe ermöglicht hat. Ich denke, dass Projektentwickler da auch umdenken und Konzepte interessanter machen müssen.
Sie haben das Krisenjahr 2023 angesprochen. Wie hat sich der Markt verändert in den letzten Jahren?
Die Russen, Araber, Chinesen, die es noch vor siebeneinhalb Jahren gegeben hat, die sind nicht mehr aktuell. Der Markt hat sich auf europäische Kunden konzentriert, auch sehr viele Ukrainer suchen und kaufen in Wien. Was das Suchprofil in puncto Immobilien betrifft, hat sich jedoch wenig verändert. Alle wollen hohe Räume, am liebsten eine Altbauetage mit 200m2 auf einer Ebene mit Terrasse und zwei Parkplätzen. Klingt toll und könnte ich mir auch gut vorstellen – gibt es nur leider selten (lacht).
Sie haben tagaus tagein mit Luxuswohnungen zu tun. Darf ich fragen, wie Sie leben?
Wir sind vor einem Jahr in unsere absolute Traumimmobilie gezogen, ein Haus am Berg im Bezirk Mödling. Wir haben zwei Jahre lang komplett saniert, heute einen herrlichen Blick über die Weingärten nach Wien, ein Stück Wald dabei. Ein Traum für Kind und Hund. Perfekter könnte ich’s mir nicht vorstellen.
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