Vorhänge sind wieder im Trend – und sie sind moderner, vielseitiger und funktionaler als je zuvor. Nach einer Phase minimalistischer Einrichtung, in der textile Elemente oft als überflüssig galten, finden immer mehr Menschen zurück zur Wärme und Atmosphäre, die Stoffe am Fenster vermitteln können. Stefan Gabel, Chief Creative Officer des traditionsreichen Textilverlags Zimmer + Rohde, erklärt, warum Vorhänge in modernen Wohnräumen nicht fehlen dürfen und wie sie sich harmonisch in verschiedene Wohnstile integrieren lassen.
Zwischen Nostalgie und Neuentdeckung
„Es gab eine Zeit, in der Vorhänge hierzulande fast verpönt waren“, sagt Gabel. „Besonders die Generation, die mit schweren, opulenten Stoffen aus der elterlichen Wohnung aufgewachsen ist, wollte sich davon abgrenzen.“ Doch mit der Rückkehr zu einem bewussteren, wohnlicheren Lebensstil entdecken viele Menschen die Vorteile von Vorhängen neu. Besonders in Räumen mit klaren Linien, großen Glasflächen und modernen Materialien wie Beton oder Stein fehlt oft die akustische und visuelle Weichheit, die Vorhänge bieten können.
„Vorhänge wirken als Puffer für Schall, verbessern die Akustik und verleihen selbst minimalistischen Räumen mehr Behaglichkeit“, erklärt der Experte. Besonders in modernen Architekturstilen mit harten Oberflächen, offenen Grundrissen und großen Fensterfronten spielen sie eine entscheidende Rolle.
Trends in Materialien und Stilen
Moderne Vorhänge kombinieren Ästhetik und Funktionalität. Leichte, pflegeleichte Stoffe mit einem gewissen Polyesteranteil dominieren den Markt. Sie behalten ihre Form unabhängig von Luftfeuchtigkeit und Temperatur und sind dabei waschbar und langlebig. Gleichzeitig gewinnen funktionale Stoffe wie Thermovorhänge, die Kältebrücken minimieren und Heizkosten senken können, wieder an Bedeutung – insbesondere in der aktuellen Energiesituation.
Auch die Materialien selbst spiegeln den jeweiligen Einrichtungsstil wider. Der Industrial-Look mit seinen rauen, unbehandelten Oberflächen und dunklen Metallelementen profitiert von Vorhängen aus grob gewebten Stoffen mit ausdrucksstarken Texturen, in neutralen Farbtönen wie Grau, Anthrazit oder Beige. Diese wirken nicht nur harmonisch, sondern verstärken das robuste Ambiente, ohne zu dominant zu wirken.
Im skandinavischen Stil, der Leichtigkeit, Helligkeit und Schlichtheit betont, sind Vorhänge aus natürlichen Materialien wie Baumwolle oder Leinen in sanften, erdigen Farben gefragt. Hier geht es darum, die Balance zwischen Funktion und minimalistischer Eleganz zu finden. „Hier sind die Vorhänge oft leicht transparent, um das natürliche Licht zu bewahren, und verzichten auf aufwendige Raffungen oder schwere Dekorationen“, ergänzt Gabel.
Vorhänge pflegen: Was ist zu beachten?
Die richtige Pflege beginnt bereits vor dem Aufhängen. Gabel empfiehlt, neue Vorhänge immer vor der Verarbeitung zu waschen. „Naturmaterialien können besonders beim ersten Waschgang einlaufen. Wer die Vorhänge erst nach dem Nähen wäscht, riskiert, dass sie plötzlich 10 Zentimeter kürzer sind.“ Sein Tipp: Vorhänge vorwaschen, dann in voller Länge aufhängen, abstecken und erst danach auf die gewünschte Länge bringen. Vor dem Kürzen kann man eine sogenannte Waschfalte oben am Faltenband einnähen. So hat man zusätzlich noch eine kleine Reserve, die man bei Bedarf nutzen kann. Die befindet sich traditionell immer oben, weil es da weniger auffällt.“
Auch beim Waschen selbst gibt es einiges zu beachten. „Man sollte die Trommel nie zu voll beladen, um Knitterfalten zu vermeiden, und immer im Schonwaschgang bei maximal 30 Grad waschen“, rät Gabel. Für besonders empfindliche Stoffe wie Leinen oder Seide empfiehlt sich die professionelle Reinigung.
Nach dem Waschen ist das richtige Trocknen entscheidend. „Viele Stoffe sollten möglichst direkt nach der Wäsche feucht aufgehängt werden, damit sie sich aushängen können und bügeln oft überflüssig wird.“ Wer dennoch glatte Vorhänge bevorzugt, kann zu einem Dampfbügeleisen oder Steamer greifen. „Ein Steamer ist besonders praktisch, da man damit die Vorhänge direkt am Fenster glätten kann, ohne sie abnehmen zu müssen. Vorher sollten jedoch auf jeden Fall immer die Pflegehinweise gelesen werden. Diese werden in der Regel in Form eines Textiletiketts oben am Faltenband mit eingenäht.“
Die ideale Länge und Aufhängung für Vorhänge
Ein häufiges Problem ist die richtige Länge der Vorhänge. „Die perfekte Länge hängt vom Material und dem gewünschten Look ab“, erklärt Gabel. Für einen modernen Stil sollten Vorhänge knapp über dem Boden schweben – idealerweise etwa ein halber Zentimeter. Das funktioniert aber nur in Neubauten, mit absolut geraden Böden und Decken. Dabei ist es wichtig, das Material zu berücksichtigen: „Polyester bleibt in Form, während Naturfasern arbeiten können. Wer absolute Präzision möchte, sollte daher auf synthetische Stoffe setzen. Im Altbau empfehlt sich eher eine lässige, fünf bis zehn Zentimeter aufliegende Verarbeitung. Das wirkt elegant und großzügig.“
Auch die Wahl des Aufhängesystems beeinflusst das Gesamtbild. „Minimalistische Schienen sind aktuell besonders beliebt, da sie schlicht und unauffällig sind. Für schwere Vorhänge eignen sich jedoch auch massive Stangen mit Ösen, die einen dekorativen Akzent setzen“, so Gabel. Prinzipiell gilt: „Ob Industrial, skandinavisch oder klassisch-elegant – für jeden Stil gibt es die passenden Vorhänge.“ Wer sich unsicher ist, sollte die Beratung von Fachleuten in Anspruch nehmen. „Raumausstatter können nicht nur bei der Wahl des passenden Stoffes helfen, sondern auch bei der optimalen Verarbeitung und Aufhängung.“
Stefan Gabel ist Kreativdirektor des renommierten deutschen Textilverlegers Zimmer + Rohde.
https://www.zimmer-rohde.com/de
Fotos: ADO Goldkante bzw. Zimmer + Rohde GmbH
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