Nicht erst seit „IKEA“ hat jeder eine Vorstellung von skandinavischem Design. Die Wurzeln dieses Stils reichen jedoch viel weiter zurück – in die 1930er-Jahre, als Designer wie Alvar Aalto und Arne Jacobsen damit begonnen haben, klare Linien, Funktionalität und natürliche Materialien miteinander zu verbinden.
In den 1950er-Jahren erlebte der Stil seine Blütezeit, als er durch die „Scandinavian Design“-Ausstellungen weltweit bekannt wurde. Geprägt von der nordischen Landschaft und den Lebensumständen – lange Winter, wenig Licht – setzt skandinavisches Design auf zeitlose Ästhetik, Praktikabilität und ein Wohlgefühl im Alltag. Ob Möbel, Textilien oder Architektur: Bis heute steht dieser Stil für schlichte Eleganz und eine harmonische Verbindung von Form und Funktion.
Sofia Vrecar, Interior Designerin und Inhaberin des Einrichtungs-Stores „Daunenspiel“ in 1030 Wien, ist Expertin in Sachen „Scandi Design“ und hat Möbel aus dem hohen Norden auch seit Beginn an in ihrem Portfolio. „So richtig durchgesetzt hat sich dieser Stil vor drei Jahren, als ich eine Reise zur „Three Days of Design“-Messe in Kopenhagen gemacht habe. Dort habe ich viele Marken entdeckt, die mich begeistert haben.“
Im Interview erklärt sie uns, warum skandinavische Möbel mehr sind als ein Trend sind, welche historischen Wurzeln sie prägen und wie sie sich harmonisch mit anderen Einrichtungsstilen kombinieren lassen.
Frau Vrecar, können Sie kurz erklären, was skandinavisches Design ausmacht und worin es sich von anderen Stilen unterscheidet?
Skandinavisches Design ist durch funktionale Einfachheit geprägt. Die Skandinavier legen großen Wert darauf, dass ihre Möbel vor allem praktisch und langlebig sind. Design steht immer im Dienst der Funktion. Das heißt aber nicht, dass sie optisch langweilig sind – im Gegenteil. Die klare, schlichte Ästhetik macht skandinavische Möbel so ansprechend. Es gibt keinen unnötigen Schnickschnack, sondern das Design liegt in der Schlichtheit.
Woher kommt dieser Stil und hat Ikea dazu beigetragen, ihn populär zu machen?
Der Ursprung skandinavischen Designs liegt in den Arbeiten namhafter Designer aus dem 18. und 19. Jahrhundert. In Dänemark, Schweden und Norwegen wurden damals bereits Möbel geschaffen, die sich durch anatomische Formen auszeichneten – sie passten sich an den menschlichen Körper an und waren funktional. Viele dieser Designs erleben heute ein Revival, sie werden modern interpretiert, damit diese Architektur nicht verloren geht. Ikea hat sicherlich dazu beigetragen, den Stil weltweit bekannt zu machen. Aber man darf Ikea nicht mit dem eigentlichen skandinavischen Design verwechseln. Während Ikea auf Massenproduktion setzt, stehen bei authentischen skandinavischen Marken Werte wie Langlebigkeit und Natürlichkeit im Vordergrund.
Da wären wir schon beim nächsten Punkt: Welche Werte und Prinzipien definieren den skandinavischen Stil?
Die Philosophie „Form folgt Funktion“ ist ein Kernprinzip. Es geht darum, dass Möbel nicht nur gut aussehen, sondern auch praktisch und langlebig sind. Natürliche Materialien wie Holz spielen eine zentrale Rolle, ebenso wie die Zugänglichkeit des Designs. Skandinavisches Design soll für alle verständlich und nutzbar sein. Auch Nachhaltigkeit ist ein großer Wert – die Verbindung zur Natur spiegelt sich in der Verwendung von Massivholz, in erster Linie Eiche, wider.
Warum ist Holz so zentral für diesen Stil?
Holz verleiht Räumen Wärme und Natürlichkeit. Skandinavische Möbel setzen auf helle Hölzer wie eben Eiche, oft in neuen Varianten wie gekohlter oder veränderter Eiche. Diese Materialien sind nicht nur ästhetisch, sondern auch nachhaltig und langlebig. Das unterscheidet sie beispielsweise von italienischen Designs, die oft mit Keramik oder Lack arbeiten.
Wie hat sich skandinavisches Design in den letzten Jahren entwickelt?
Der Stil ist minimalistisch und zeitlos geblieben. Was sich verändert hat, sind die Materialien und die Interpretationen klassischer Designs. Viele Marken greifen historische Formen auf und überarbeiten sie für die moderne Zeit. Diese Revivals zeigen, dass der skandinavische Stil sich seiner Wurzeln bewusst ist, gleichzeitig aber innovativ bleibt.
Wie gut lässt sich skandinavisches Design mit anderen Stilen kombinieren?
Sehr gut! Die schlichte und harmonische Ästhetik machen die Möbel extrem vielseitig. Sie können problemlos mit auffälligeren Stilen, wie etwa einem pompösen Sofa, kombiniert werden, um einen Raum auszugleichen. Das ist einer der größten Vorteile dieses Stils: Er bringt Ruhe und Klarheit in jedes Interieur und passt sich an, ohne sich aufzudrängen.
Und wie sieht es in Sachen Zukunft aus?
Ich glaube, der Stil wird seinen minimalistischen Kern behalten. Es gibt immer wieder Revivals alter Designs, aber die Grundprinzipien – Schlichtheit, Funktionalität und Natürlichkeit – werden bleiben. Es ist ein Lebensgefühl, das eng mit der Kultur und der Umgebung im Norden verbunden ist. Das wird sich auch in Zukunft im Design widerspiegeln.
Als kreativer Kopf mit ausgeprägter Liebe zu hochwertigen Materialien und Designs übersetzt Daunenspiel-Gründerin und Inneneinrichterin Sofia Vrecar gestalterische Möglichkeiten in passende Farben, Formen und Möbel. Als Gastgeberin im eigenen Showroom begeistert die geborene Niederösterreicherin mit 20 Jahren Berufserfahrung im Retail Management seit 2016 für Designermöbel, Lieblingsmarken und die Vorzüge bewussten Konsums.
Fotos: Wendelbo bzw. 101 Copenhagen
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