Was früher vor neugierigen Blicken schützen sollte, ist heute grüne Gartenarchitektur: Experte Reinhard Kittenberger („Kittenberger Erlebnisgärten“) über die Kunst des Formschnitts, den besten Zeitpunkt zum Heckenschneiden und die schönsten Heckenpflanzen für kleine und große Paradiese.
Hecken: Grüne Mauern mit Geschichte
Die Grüne Mauer hat Geschichte: Früher, im 17., 18. Jahrhundert, versteckten sich dahinter die kleinen und großen Geheimnisse der Aristokratie: Lustwandelgänge, gepflegte Affären, verborgene Gärten – Hecken waren im Barock nicht nur dekorativ, sondern hochpolitisch – nicht nur in Frankreich. „Sie dienten dem Sichtschutz“, sagt Gartenexperte Reinhard Kittenberger, „für das, was man im Schlossgarten lieber nicht gesehen hat.“ Dabei ging es nie nur um Pflanzenpflege – sondern um Kontrolle, Ordnung und Inszenierung. Schon in den Gärten von Versailles wurden Menschen und Pflanzen sozusagen gleichermaßen „in Form gebracht“.
Heute hat die Hecke ihre Strenge weitgehend abgelegt – geblieben ist ihre Funktion als grüne Grenze zwischen Rückzug und Welt. Und doch: Wer sie richtig schneidet, kann sie auch heute noch zur lebendigen Skulptur erheben.
Form, Licht und der richtige Schnitt
„Wenn man eine Hecke nicht schneidet, wächst sie wie ein Baum – frei, aber unkontrolliert“, so Kittenberger. Doch für einen dichten, kompakten Wuchs sei der Schnitt entscheidend – und zwar möglichst früh und regelmäßig. Die beste Form? „Trapezförmig“, erklärt der Experte. „Dann erreicht das Sonnenlicht auch die unteren Bereiche – und die Hecke verkahlt nicht von unten.“ Wer gleichmäßig zurückschneidet, sorgt für gesunde Triebe, weniger Lücken und dauerhafte Dichte.
Wichtig ist auch der Unterschied zwischen Aufbau- und Haltungsschnitt: Zuerst wird die gewünschte Grundform erzogen – später genügt ein jährlicher Rückschnitt auf diese Linie, jeweils mit etwas Spielraum, damit die Pflanze gesund weiterwächst.
Wann ist der beste Zeitpunkt zum Heckenscheiden?
„September ist der beste Zeitpunkt“, sagt Kittenberger ohne Zögern. Im Frühling darf die Hecke ruhig einmal etwas ungestüm sprießen, geschnitten wird erst im Spätsommer – also September. „Im Hochsommer würde ich nie schneiden – da bekommen frisch freigelegte Blätter Sonnenbrand.“ Der Herbst dagegen bringt mildes Licht und ausreichend Zeit für neue Triebe, bevor der Frost kommt. Ein einziger, gut gesetzter Schnitt pro Jahr reicht oft völlig aus.
Von Liguster bis Eibe – welche Heckenpflanzen sich lohnen
Bleibt noch die Frage, welche Hecke der Experte aktuell empfehlen würde. Für Kittenberger kommen da mehrere infrage – je nach Platz, Anspruch und Vorliebe:
- Liguster wächst schnell, blüht und bietet mit seinen dunklen Beeren Insekten und Vögeln wertvolle Nahrung.
- Hainbuche ist dicht, robust und ideal für Nistplätze – auch wenn sie weniger Blüten trägt.
- Eibe gilt als klassische Formhecke, ist aber in allen Teilen giftig – das sollte man wissen, vor allem, wenn auch Kinder im Garten spielen.
- Zypressen wachsen hoch und schmal – ideal, wenn schnell Sichtschutz gefragt ist.
Wovon Kittenberger abrät: Thujen („Da siedelt sich kaum Leben an, das hat man in den 1970ern gesetzt“) und Buchsbaum, vor allem wegen des Zünslers. „Da hilft auch kein Spatz, der die Raupen frisst – der kommt nicht durchs Geäst.“
Hecken selbst schneiden oder schneiden lassen?
Auch in Sachen Pflege hat der Profi eine klare Meinung: „Unbedingt selber schneiden!“, lacht Kittenberger. „Wenn man halbwegs kräftig ist und eine scharfe Schere hat, ist das die schönste Gartenarbeit überhaupt.“ Auch wer kein Perfektionist ist, könne nicht viel falsch machen – Hauptsache, man nimmt sich Zeit. „Heckenschnitt ist eine kleine Fitnesskur und ein wunderbarer Ausgleich zum Alltag. Es erdet uns. Und wer regelmäßig schneidet, muss sich um die Form keine Sorgen machen – die ergibt sich von selbst.“
Hecken sind also viel mehr als grüne Wände – sie sind lebendige Elemente der Gartengestaltung. Wer sie versteht, pflegt und formt, schafft nicht nur Ordnung und Sichtschutz, sondern auch Lebensraum für Tiere und Schönheit für sich selbst. Und ein bisschen royale Privatsphäre, wenn man will – ganz ohne Schloss.
Reinhard Kittenberger ist Gartenexperte, Unternehmer und Gründer der Kittenberger Erlebnisgärten in Schiltern, NÖ. Ebendort gestaltet er mit seinem Team naturnahe Gartenräume, die Kreativität, Handwerkskunst und ökologische Verantwortung vereinen. Mit Leidenschaft für Biodiversität, Nachhaltigkeit und die Schönheit des „Wohnraums Garten“ zählt er heute zu den bekanntesten Gartengestaltern des Landes.
Website: https://www.kittenberger.at
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