Ökologische und natürliche Wandfarben liegen im Trend. Kein Wunder, tun sie doch sowohl Bewohnern und Umwelt gut.
Irgendwann ist es so weit – und das Ausmalen einzelner Zimmer oder der gesamten Wohnung steht auf dem Plan. Bevor der Pinsel geschwungen wird, sollte man sich jedoch dem Thema Farben genauer widmen. Denn gerade für empfindliche Menschen kann der neue Anstrich zumindest kurzzeitig zur Belastung werden.
Gesundheitsgefährdende Schadstoffe wie etwa Asbest sind zwar verboten, doch Trocknungsverzögerer oder Schaumhemmer, die in vielen herkömmlichen Farben nach wie vor enthalten sind, können zu brennenden Augen oder Kopfschmerzen führen.
Nicht zuletzt deshalb wird Natürlichkeit auch bei Farben immer mehr Trumpf. Das Angebot ist groß: Neben Kalk- und Lehmfarben fallen auch Naturharz-, Silikat- sowie Kaseinfarben in die Kategorie „Ökowandfarbe“. „Diese Farben bestehen aus Rohstoffen, die mit sanfter Chemie hergestellt beziehungsweise veredelt werden“, erklärt Franz Hawle von AURO Naturfarben in Wien.
Natürliche Wandfarben für ein angenehmes Raumklima
Das bringt zwei Vorteile mit sich: Erstens geben natürliche Wandfarben keine Schadstoffe an den Innenraum ab. Zweitens sorgen sie später für ein angenehmes Raumklima. „Das liegt daran, dass diese Farben diffusionsoffen sind“, sagt Hawle. Somit wird der Feuchtigkeitsaustausch zwischen Wand und Raum nicht behindert. Ist die Feuchtigkeit im Raum hoch, geht diese durch die Farbe durch und wird in der Wand gespeichert. Trocknet die Luft in den Innenräumen ab, wird die Feuchtigkeit im Laufe des Tages wieder an die Raumluft abgegeben.
Leicht zu verarbeiten
Hawle räumt auch gleich mit einem Vorurteil auf, nämlich dass natürliche Wandfarben schwerer zu verarbeiten sind als herkömmliche Farben: „Sie werden nicht anders verarbeitet als andere.“ Und er hat noch einen Tipp parat: „Je besser das Werkzeug, desto einfacher die Arbeit“.
Damit die Freude mit der natürlichen Wandfarbe nicht getrübt wird, sollte bei deren Auswahl aber vor allem auf eines besonders geachtet werden: Den passenden Untergrund! Wir haben die einzelnen Naturfarben und ihre Anforderungen an diesen daher unter die Lupe genommen:
- Lehmfarben
Die mineralische Farbe, die auch als Pulver erhältlich ist, wird hauptsächlich aus feingemahlenem Ton und Sand hergestellt. Als Bindemittel dient Kaliwasserglas, das aus Quarzsand und Pottasche gewonnen wird, dazu kommen Farbpigmente. Erhältlich ist Lehmfarbe in über tausend Farbtönen. Grundsätzlich kann sie auf jedem mineralischen Untergrund aufgetragen werden, ihren vollen bauphysikalischen Effekt entfaltet sie jedoch nur auf Lehmputzen. Neben ihrer Diffusionsoffenheit punktet Lehmfarbe auch noch damit, dass sie Gerüche und Schadstoffe absorbiert.
- Kalkfarben
Kalkfarben bestehen aus Kalkstein, der gebrochen, gemahlen, gebrannt und mit Wasser gelöscht wird. „Als zusätzliches Bindemittel und zur Verdickung wird unter anderem Zellulose beigemengt, damit kann Kalkfarbe auch mit der Rolle verarbeitet werden“, beschreibt Hawle. Kalkfarbe ist ebenfalls nicht nur diffusionsoffen, sondern auch sehr alkalisch. „Damit wehrt sie Schimmel ab beziehungsweise kann man sie bei Schimmelbefall verwenden“, sagt Hawle. Allerdings wird die Farbe mit der Zeit chemisch neutral und verliert ihre schimmelabwehrende Wirkung.
Großes Augenmerk sollte man bei dieser Naturfarbe auf den Untergrund legen: Als solche geeignet sind Beton, Kalkputze sowie Kalk-Zement-Putze. Wird sie hingegen auf Gipsputze oder Dispersionsfarben aufgetragen, kann es beispielsweise zu Verfärbungen kommen. Und noch etwas ist wichtig: Kalkfarbe sollte bis zu dreimal – und zwar dünn – aufgetragen werden. „Sie darf den Untergrund nicht schon beim Streichen, sondern erst beim Trocknen abdecken“, sagt Hawle.
- Naturharzfarben
Leinöl, Rizinusöl und andere pflanzliche Öle (z.B. Bergamotteöl), Wasser, Borsalze, weiße Pigmente wie Kreide, Titandioxid, der Füllstoff Talkum und Zellulose sind typische Bestandteile von Naturharz-Wandfarben. Diese sind vielseitig einsetzbar, für alle tragfähigen Untergründe geeignet, leicht zu verarbeiten, in der Regel lösungsmittelfrei, wisch- und waschfest, wasserverdünnbar und in vielen Farbnuancen erhältlich.
- Reine Silikatfarben
Reine Silikatfarben, die wasserfest, aber diffusionsoffen sind, bestehen aus Kaliwasserglas und Pigmenten. Füllstoffe dürfen ebenfalls beigemengt werden. Der Untergrund muss in jedem Fall mineralisch und verkieselungsfähig sein. Durch die Verkieselung geht die Farbe eine natürliche und dauerhafte Verbindung mit dem Untergrund ein. „Ich verkaufe sie nur als Spezialfarbe, etwa für Beton“, so Hawle.
- Kaseinfarben
Bei diesen Farben werden die Farbpigmente mit Kasein, also dem Milcheiweiß, gebunden. Auch Kasienfarben sind diffusionsoffen sowie langlebig und wasserfest. Sie können faktisch auf alle tragfähigen Untergründe aufgetragen werden.
- Leimfarben
Diese Naturfarben bestehen, wie der Name schon sagt, aus Zelluloseleim, Kreide, Wasser, natürlichen Pigmente sowie Füllstoffen und sind gut deckend. Als Untergrund eignen sich, so Hawle, alle Innenputze, Raufasertapeten sowie alte, tragfähige Anstriche. Sollen allerdings Leimfarben mit anderen Farben übermalt werden, müssen sie zuvor entfernt werden.
Noch ein Tipp für natürliche Wandfarben:
Der Begriff Naturfarbe ist rechtlich nicht geregelt. Deshalb sollte man auf eine Volldeklaration der Inhaltsstoffe achten. Entscheidungshilfen sind Gütesiegel wie beispielsweise Natureplus oder das Österreichische Umweltzeichen.
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