Wer regelmäßig läuft, hat den Begriff vielleicht schon gehört: „Zone 2 Cardio“. Dabei handelt es sich um eine Trainingsmethode, die derzeit in der Sportwissenschaft, im Gesundheitsbereich und bei ambitionierten Hobbysportlern gleichermaßen für Aufsehen sorgt. Doch was steckt dahinter? Und wie bringt man es sinnvoll in den Trainingsalltag? Wir haben mit Lauftrainerin und -expertin Verena Ullmann gesprochen – über Trainingszonen, Ausdauer, Fehlerquellen und den unterschätzten Reiz des langsamen Laufens.
MYHOME.AT: Frau Ullmann, starten wir doch gleich von 0 auf 100: Was versteht man in der Sportwissenschaft unter Zone 2 Cardio? Denn wenn es 2 gibt, muss es ja auch 1 und 3 geben, richtig?
Verena Ullmann: Zone 2 Cardio ist im Prinzip das, was man früher als A1-Training bezeichnet hat – also die Grundlagenausdauer. Zone 2 entspricht etwa 60 bis 70 % der maximalen Herzfrequenz – also einem relativ niedrigen, kontrollierten Pulsbereich. In der Praxis bedeutet das: Man sollte sich beim Laufen noch locker unterhalten können, ganze Sätze sagen, ohne außer Atem zu kommen.
Ist Zone 2 Cardio ein effektiver Trainingsbereich für mehr Ausdauer?
Absolut. Zone 2 Cardio ist für mich das Fundament, auf dem ich jede weitere Trainingsform aufbaue. Egal ob man Anfänger ist oder sich auf einen Marathon vorbereitet – wer keine gute Grundlagenausdauer hat, wird früher oder später anstehen. Zone 2 Training stärkt das Herz-Kreislauf-System, verbessert die Fettverbrennung und bereitet den Körper auf intensivere Belastungen wie Intervalltraining oder Tempowechsel vor.
Aber man kann nicht nur in Zone 2 trainieren, oder?
Man kann schon, aber auf Dauer bringt nur Abwechslung Fortschritt. Zone 2 Cardio ist wie das Fundament eines Hauses – ohne dem geht’s nicht, aber irgendwann muss man auch die Wände hochziehen. Heißt konkret: Zusätzlich zu Zone 2 sollte man auch Zone 3 (A2) Training, Intervalle oder Wettkampftempo-Läufe einbauen, je nach Zielsetzung.
Wie oft empfehlen Sie, ein Zone 2 Training zu absolvieren?
Ein bis zweimal pro Woche sind sinnvoll. Wenn man gerade erst anfängt oder die Ausdauer ganz bewusst verbessern möchte, kann man sich auch acht Wochen lang nur auf Zone 2 Cardio konzentrieren. Anfänger sollten mit kürzeren Einheiten beginnen – etwa 30 Minuten – und dann langsam auf eine Stunde steigern. Fortgeschrittene können problemlos zwei Stunden und mehr in Zone 2 unterwegs sein.
Woran erkenne ich, dass meine körperliche Verfassung besser wird in der Zone 2?
Am einfachsten erkennt man es daran, dass man bei gleichem Tempo einen niedrigeren Puls hat – oder umgekehrt: dass man bei gleichem Puls mehr Tempo machen kann. Wer zum Beispiel anfangs bei 130er Puls 8 km/h läuft und nach ein paar Wochen bei gleichem Puls 9 km/h schafft, der hat einen klaren Trainingsfortschritt.
Wie bleibe ich verlässlich in Zone 2 – gerade, wenn der Puls beim Laufen oft steigt?
Man startet idealerweise ganz langsam – eher bei 60 % der maximalen Herzfrequenz – und akzeptiert, dass man im Laufe des Laufs etwas nachjustieren muss. Wenn der Puls zu hoch wird, sollte man einfach das Tempo reduzieren. Wer wirklich gezielt in Zone 2 trainieren will, kommt um eine Smartwatch oder Pulsmessung nicht herum. Sonst trainiert man am Ende in einer ganz anderen Zone, ohne es zu merken.
Wie sieht eine ideale Trainingswoche aus – zum Beispiel für einen 10-km-Lauf?
Wenn man jetzt davon ausgeht, dass man drei Laufeinheiten pro Woche macht, dann würde ich auf jeden Fall sagen: Ein Lauf in Zone 2 Cardio sollte dabei sein – idealerweise am Wochenende, weil man da meistens mehr Zeit hat. Das ist die längste Einheit, in einem sehr kontrollierten Pulsbereich, und die stärkt die Grundlagenausdauer. Unter der Woche macht man dann einen schnelleren Lauf, zum Beispiel ein Intervalltraining – da wird die Geschwindigkeit verbessert und die Herzfrequenz ordentlich gefordert. Und dann gibt’s noch eine dritte Einheit, die läuft man in Zone 3, das heißt zügiger als Zone 2, aber noch nicht am Limit. Das ist sozusagen der mittlere Tempobereich, bei dem man schon an seine Wettkampfgeschwindigkeit herankommt, aber nicht komplett in den roten Bereich geht. Wobei es natürlich immer drauf ankommt, auf welchen Lauf man sich vorbereitet.
Wenn man nur dreimal pro Woche läuft, würde ich auf einen Regenerationslauf eher verzichten. Aber wenn man öfter trainiert, also viermal oder mehr, dann kann man natürlich auch mal eine ganz lockere Einheit zum Erholen einbauen. Diese Einheit würde ich dann aber eher auf dem Fahrrad machen, um die Beine auszulockern und die Gelenke nicht zusätzlich zu belasten. Aber die Mischung aus Zone 2 Cardio, Intervalltraining und Zone-3-Tempo finde ich für drei Einheiten pro Woche absolut sinnvoll.
Welche typischen Fehler passieren beim Zone 2 Training?
Ganz klar: zu schnell laufen. Viele denken, sie müssen sich fordern, dabei lebt Zone 2 genau von der kontrollierten Intensität. Ein zweiter Fehler ist eine schlechte Körperhaltung. In Zone 2 laufen viele mit zu wenig Körperspannung, und das über einen langen Zeitraum. Hier können sich dann Fehlhaltungen einschleichen, was mitunter zu Verspannungen und Schmerzen führen kann. Körperspannung ist also auch im lockeren Tempo wichtig.
Welche gesundheitlichen Vorteile bringt Zone 2 Cardio noch – abgesehen von der Ausdauer?
Zone 2 Cardio fördert die Bildung und Leistungsfähigkeit von Mitochondrien – den Kraftwerken unserer Zellen. Mehr und bessere Mitochondrien bedeuten besseren Fettstoffwechsel, mehr Energie und eine stabilere stoffwechselbasierte Gesundheit. Das motiviert viele – gerade wenn es um Gewichtsreduktion oder allgemeines Wohlbefinden geht.
Dein persönlicher Tipp für alle, die sich mit Zone 2 schwer tun?
Viele haben das Problem, dass sie zu schnell laufen, wenn sie mit anderen unterwegs sind. Was mir geholfen hat: Klassische Musik oder Hörbücher hören. Kein Heavy Metal oder ähnliches – denn das erhöht unbewusst das Lauftempo. Wer sich bewusst für Zone 2 entscheidet, sollte sich auch bewusst bremsen.
Website: https://purebody.at/
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