Der klassische Rasen hat ausgedient, lineare Strenge wird durch lebendige Pflanzbilder ersetzt – der Garten von morgen denkt in Farben, Formen und Funktionen. Im Interview erklärt Gartendesigner Thomas Nentwich, wie man aus dem Außenraum eine grüne Visitenkarte mit Persönlichkeit macht.
Wie sieht ein moderner Garten aus, der sowohl ästhetisch als auch ökologisch überzeugt? Welche Pflanzen harmonieren mit schattigen Stadtnischen? Und was macht einen Garten wirklich pflegeleicht, ohne an Stil zu verlieren? Thomas Nentwich, Geschäftsführer von „Nentwich Gartenbau“ im niederösterreichischen Weissenkirchen, hat darauf klare Antworten – und eine unverkennbare Handschrift.
Im Interview spricht der Experte über Trends jenseits von Kiesflächen, seine Begeisterung für das Schwammstadt-Prinzip und die Kunst, Gärten in sinnliche Lebensräume zu verwandeln.
Herr Nentwich, wie definieren Sie den modernen Garten 2025 – worin unterscheidet er sich grundlegend vom klassischen Gartendesign vergangener Jahrzehnte?
Grundsätzlich geht der Trend weg vom geordneten und minimalistischen Garten. Statt schlichter Bepflanzung und reduzierter Gestaltung stehen heute üppige Pflanzflächen, lebendige Farben und vielfältige Blattstrukturen im Vordergrund. Der klassische Rasen verliert zunehmend an Bedeutung – stattdessen entstehen naturnahe Gärten, die als grüne Rückzugsorte mit Wohnzimmercharakter dienen. Wir selbst greifen aktuelle Trends gerne auf, interpretieren sie aber stets individuell und bringen dabei unsere eigene Handschrift in jedes Projekt ein.
Immer öfter gesehen sind Gräser und Kiesflächen – warum erleben gerade diese beiden Elemente derzeit so einen Hype bzw. was ist aktuell noch besonders angesagt?
Alleinstehende, weitläufige Kiesflächen sind nicht gefragt, da diese aus ökologischer Sicht wenig wertvoll sind. Stattdessen setzt man immer mehr auf bepflanzte Kiesbeete, die sich harmonisch im Gesamtkonzept einfügen. Gräser und bepflanzte Kiesbeete sind besonders beliebt, weil sie pflegeleicht, hitzeresistent und gleichzeitig sehr ansprechend wirken. Sie bringen natürliche Bewegung ins Bild und ihr mediterranes Flair vermittelt Urlaubscharakter zu Hause.
Monochrome Gärten – also Gärten mit einer zurückhaltenden, einheitlichen Farbpalette – wirken besonders stilvoll. Was sind die Vorteile und Herausforderungen dieses Trends?
Der Vorteil liegt darin, ein ruhiges und harmonisches Gesamtbild zu erzeugen. Die einheitliche Farbpalette schafft ein entspanntes Gesamtbild, das besonders gut mit naturnahen Pflanzen harmoniert.
Die Herausforderung besteht darin, dennoch eine abwechslungsreiche Struktur zu schaffen – dies erfordert verschiedene Wuchs- und Blattformen, um das Design lebendig und interessant zu halten.
Welche Schattenpflanzen eignen sich besonders gut für urbane Gärten, die wenig direkte Sonne abbekommen – und wie lassen sich diese attraktiv in Szene setzen?
Für schattige urbane Gärten eignen sich Pflanzen wie Gräser, Farne, Hortensien, Felsenbirnen, Ahorn oder Hartriegel besonders gut. Um diese Pflanzen attraktiv zur Geltung zu bringen, können Gefäße, Lichtelemente und außergewöhnliche Wuchsformen eingesetzt werden. Auch eine großzügige Bepflanzung schafft interessante Akzente. Allerdings ist die Gestaltung immer individuell und sollte an die spezifischen Gegebenheiten vor Ort angepasst werden – wie etwa die Lage, Ausrichtung, Nutzung und die persönlichen Bedürfnisse.
Klare Linien und reduzierte Formen prägen viele moderne Gärten – wie schafft man dabei trotzdem eine lebendige, einladende Atmosphäre?
Aufbruch dieser klaren Linien durch üppige, großzügige Bepflanzung. Die Vielfalt an Blühaspekten, unterschiedlichen Höhen und Tiefen sowie die Berücksichtigung saisonaler Veränderungen sorgen dafür, dass der Garten abwechslungsreich wirkt.
Welche Rolle spielt die Materialwahl – etwa bei Wegen, Beeten, Einfassungen oder Gartenmöbeln – für das Gesamtbild eines designorientierten Gartens?
Die Materialwahl ist entscheidend – sie bestimmt Stil, Struktur und Atmosphäre. Hochwertige Materialien wie Naturstein, Holz oder Cortenstahl schaffen klare Linien und verbinden auf elegante Weise Natur und Architektur. Entscheidend ist dabei nicht nur die Auswahl der Materialien, sondern auch ihre Positionierung, denn eine unüberlegte Anordnung kann schnell überladen oder unruhig wirken. Um eine harmonische Farbgebung zu erzielen, setzen wir oft auf erdige Töne, etwa bei der Auswahl von Outdoormöbeln.
Gibt es aktuelle Vorbilder oder internationale Trends, die Sie besonders inspirierend finden und die in der Gestaltung moderner Privatgärten Anklang finden?
Der Klimawandel stellt die Gartenbaubranche vor völlig neue Herausforderungen. Pflanzen, die früher problemlos gewachsen sind, funktionieren heute oft nicht mehr – andere, die früher erfroren sind, gedeihen nun. Das erfordert ein Umdenken in der Gestaltung.
Besonders inspirierend finde ich das aus Skandinavien stammende Schwammstadt-Prinzip. Es ist ein innovatives Konzept, das in Zeiten des Klimawandels immer häufiger in städtischen Gebieten oder Gemeinden eingesetzt wird. Es sorgt dafür, dass Stadtbäume in Straßenräumen überleben, fördert ihr Wachstum auf versiegelten Flächen und versorgt sie in trockenen Perioden mit Wasser.
Wie lassen sich pflegeleichte Konzepte mit hohem ästhetischem Anspruch vereinen – speziell für Menschen, die wenig Zeit, aber ein starkes Stilbewusstsein mitbringen?
Das ist sehr individuell, denn jeder Garten ist anders. Das Gartenkonzept ist der optimale Weg, kreative Ideen mit individuellen Wünschen zu vereinen. Besonders wichtig ist dabei die gezielte Pflanzauswahl und -verwendung. Mit pflegeleichten, aber dennoch stilvollen Pflanzen lässt sich ein ästhetischer Garten schaffen, der wenig Aufwand erfordert und gleichzeitig einen hohen Designanspruch erfüllt.
Welchen Rat geben Sie jemandem, der seinen Garten zum „Statement“ machen möchte – also zu einer echten gestalterischen Visitenkarte mit Persönlichkeit?
Der Schlüssel liegt in einer sorgfältigen Planung und Ausführung. Pflanzen verändern sich ständig – sie treiben aus, blühen, und ihre Farben verändern sich im Laufe der Jahreszeiten. Wer mit ihnen arbeitet, muss das große Ganze im Blick behalten. Es reicht nicht, einzelne Maßnahmen zu ergreifen.
Besonders Highlights setzen wir in unseren Gärten mit Gehölzen, die durch ihre außergewöhnlichen Wuchsformen hervorstechen – unsere sogenannten SINGULAR-Gehölze. Unser Ziel ist es, nachhaltige und lebendige Lebensräume zu schaffen, in denen Pflanzen immer wieder neu zur Geltung kommen. Dafür braucht es Erfahrung und ein feines Gespür für Gestaltung.
Thomas Nentwich ist Geschäftsführer bei Nentwich Gartenbau mit Sitz in Weißenkirchen an der Perschling, NÖ. Gemeinsam mit seinem Team entwirft und realisiert er Gärten, die sich durch anspruchsvolles Design und hohe gestalterische Qualität auszeichnen. In der firmeneigenen Baumschule werden Gehölze direkt vor Ort kultiviert und in individuelle Gartenkonzepte eingebunden. Der Fokus liegt neben klassischen Obst-, Laub- und Nadelgehölzen auf besonderen Solitärpflanzen und mehrstämmigen SINGULAR-Gehölzen.
Website: www.nentwich.at
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